Es liegt in der kopernikanischen Konsequenz, daß der contemplator caeli, wenn er dieses bleiben will, Kopernikus genauso wie die neuen Lichtjahrweiten vergessen haben muß. Liegt in dieser Reduktion der Kosmologie auf den Unschuldsstand einer vortheoretischen Lebenswelt, in diesem ästhetischen Rousseauismus Kants Abneigung begründet, von seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels jemals eine Neuauflage zuzulassen? Natürlich, die Leser der Kritik der Urteilskraft werden jenes im Konkurs seines Verlegers vor der Auslieferung untergegangene Frühwerk kaum gelesen haben. Man kann daher nicht erwarten, daß sie über dem Vermittlungsproblem der dritten Kritik zwischen theretischer und sittlicher Vernunft Kants eigene Eröffnung der Dimension der Geschichte für die Natur vor Augen hatten, wenn sie lasen, es ließe sich ein Gefühl für das Erhabene der Natur nicht wohl denken, ohne eine Stimmung des Gemüths, die der zum Moralischen ähnlich ist, damit zu verbinden … Ebenso empfiehlt Kant ja dem Betrachter des Ozeans, diesen nicht als einen Faktor des Wetters oder als ein Medium des Weltverkehrs anzusehen, vielmehr nichts zuzulassen, was nicht in der unmittelbaren Anschauung enthalten ist. Es seien, meint Kant, die Dichter, die einen solchen Gegenstand bloß nach dem, was der Augenschein zeigt, betrachten.

 

Hans Blumenberg: Die Genesis der kopernikanischen Welt. Erster Teil. IV.