Der Trieb nach Selbstständigkeit ist Trieb der Ichheit, er hat nur sie zum Zwecke; das Ich allein soll das Subject der Selbstständigkeit seyn. Nun liegt es in der Ichheit, wie wir gesehen haben, allerdings, dass jedes Ich Individuum sey; aber nur Individuum überhaupt, nicht das bestimmte Individuum A oder B oder C u. s. f. Ich kann, da, wie wir gesehen haben, alle Bestimmungen unserer Individualität von unserer Freiheit abhängen, ausser der ersten und ursprünglichen, mit jenem A u. s. w. nur die ursprüngliche Beschränkung der Freiheit, das, was ich oben die Wurzel aller Individualität nannte, meinen. Da es sonach der Ichheit überhaupt zufällig ist, dass ich, das Individuum A, eben A bin; und der Trieb der Selbstständigkeit ein Trieb der Ichheit, wesentlich als solcher, seyn soll, so geht er nicht auf die Selbstständigkeit von A, sondern auf die Selbstständigkeit der Vernunft überhaupt. Die Selbstständigkeit aller Vernunft, als solcher, ist unser letztes Ziel: mithin nicht die Selbstständigkeit Einer Vernunt, inwiefern sie individuelle Vernunft ist.

Nun aber bin ich für meine Person, ich A, lediglich, inwiefern ich A bin. Also mir ist A mein empirisches Selbst: nur in ihm kommt jener Trieb und jenes Gesetz zum Bewusstseyn, nur durch A kann ich demselben gemäss wirken, weil ich überhaupt nur dadurch wirken kann. A ist für mich ausschliessende Bedingung der Causalität dieses Triebes. Mit einem Worte: A ist nicht Object; aber A ist für mich alleiniges Werkezug und Vehicul des Sittengesetzes. (Oben war dieses Werkzeug der Lieb: hier wird es der ganze sinnliche empirisch-bestimmte Mensch; und wir haben sonach hier einmal das empirische und reine Ich ganz scharf getrennt, welches für die Sittenlehre insbesondere, und für die ganze Philosophie überhaupt sehr erspriesslich ist.)

 

Johann Gottlieb Fichte: Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre. Drittes Hauptstück. Zweiter Abschnitt. § 18. V.