Die Weltschöpfung aus Gott ist keinesweges also, wie man sich dies gewöhnlich vorstellt, vollendet, und Gott zur Ruhe gebracht, sondern das Erschaffen geht immerwährend fort, und er bleibt der Erschaffende; indem ja auch der unmittelbare Gegenstand seiner Schöpfung nicht ist eine träge und stehende Körperwelt, sondern das freie, und ewig aus sich selbst quellende Leben. Die eigentlich wahre Welt, für welche allein eine Körperwelt ist, ist die geistige, das Leben und Denken der Menschen, eben als einer Welt, d. i. als eines Ganzen und einer Gemeinde, denn der Einzelne ist nur in dem Ganzen, und hat eine Bedeutung nur in Beziehung auf dieses Ganze.

Diese Welt ist es, welche unmittelbar Gott stets fortschafft nach seinem Bilde, indem er immer fortfährt, sein Bild in ihr zu entwickeln zu neuer Klarheit. Diese geistige Fortschöpfung nur geht einher auf folgende Weise. Sie hebt unmittelbar an in einzelnen Punkten der Geisterwelt, als geistiges Gesicht; in diesen Einzelnen durchaus sich selbst machend als Anschauung, und dem Menschen keine Freiheit lassend oder Selbstständigkeit in dieser Angelegenheit des Gesichts. Hierin ist der Mensch durchaus Nichts durch sich selbst, sondern Alles durch Gott. In diesem Punkte aber schließt sich auch das unmittelbare göttliche Wirken, und von ihm aus bedient sich Gott der Freiheit und Selbstständigkeit des Menschen, um Wirkung, von dem einzelnen Punkte aus, worin sie hervorbrach, fortzupflanzen über das ganze Geschlecht.

 

Johann Gottlieb Fichte: Fünf Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten. Fünfte Vorlesung.