Zum Schlusse noch eine Nebenbemerkung über das Ganze der Wissenschaft, die ich Ihnen nicht sowohl zu Ihrer eigenen Nachachtung, denn ich hoffe, Sie haben derselben nicht nöthig; sondern vielmehr zur Vertheidigungswaffe gegen Nichtkenner mittheile. Schon früher und heute wieder im Vorbeigehen, ist der Beweis über wesentliche Merkmale des Wissens aus unserm Vermögen, es also zu fassen, geführt worden: der Nervus des Beweises ist klar: wir sind selber das Wissen, da wir nur so wissen können, und dermalen wirklich also wissen, so ist das Wissen also beschaffen. Auch ist klar, daß die Nichtentdeckung dieser Beweisquelle, oder ihre Nichtachtung nachdem sie entdeckt ist, sich auf die wahrhaft närrische Maxime gründet, des Wissen ausser dem Wissen zu suchen. Hierüber bedarf es weiter keines Wortes. Nur dies wollte ich bemerkbar machen: Wer nun wirklich nicht vermag, was ihm erst an seinem Vermögen klar und anschaulich gemacht werden könnte, an den gelangt der Beweis freilich nicht; er ist durch seine Unfähigkeit von der Sache selbst, und eben darum von allem Urtheile über diese ihm völlig verborgene Welt ausgeschlossen. Eben so geht es dem, der wohl etwa könnte, aber nicht will, d.h. der vorläufigen Bedingung des scharfen Denkens und der strengen Aufmerksamkeit sich nicht unterziehen will; denn die Sache selber will Jeder, der sie kann, und kann Jeder, der sie wollen kann. Dies gilt nun in einem Falle, wo die W.=L. noch gar nicht am Höchsten steht. Man hat sich daher gar nicht zu wundern, wie sehr vielen Subjekten, das, was an sich die allerhöchste Klarhehit und Evidenz hat, auf keine Weise klar und wahr zu machen ist; man kann vielmehr die Gründe dieser Unmöglichkeit ihnen selbst begreiflich darlegen, wenn sie sich nur zu der Prämisse verstehen wollen, daß es Etwas geben könne, das sie dermalen nicht wissen; – und so wie es jetzt mit ihnen steht, unmittelbar und ohne große Vorbereitung und strenge Disciplin, gar nicht zu wissen vermöchten.
Johann Gottlieb Fichte: Die Wissenschaftslehre 1804. XX. Vortrag.