Es ist ein zentrales Element meiner Lehre, welches den Menschen zu vermitteln meine Lebensaufgabe ist: dass Leben nicht planbar ist, dass es sich vom Menschen nicht beherrschen lässt, sondern dass er mit ihm in Dialog treten und auf die immer neuen Forderungen und Wendungen des Lebens immer neue Antworten formulieren soll. Ja man hat gerade hierin den fundamentalen Unterschied zwischen dem Aufgeklärten und dem Unaufgeklärten zu setzen, und nicht etwa in einem oberflächlich verstandenen Selbstdenken oder der Freiheit von einigen läppischen Vorurteilen: Auf der einen Seite steht der lebendige Mensch, der dem Leben zu begegnen fähig ist, der tanzen und sich berühren lassen kann und der eben deshalb stets zur Seligkeit finden wird, auch wenn einmal Unverhofftes geschieht, oder selbst wenn einmal das Leben ihn vor schwere Herausforderungen stellt. Auf der anderen Seite steht der Mensch, der, obwohl er im biologischen Sinne ein Lebender und kein Toter, doch tot und erstorben, steif und starr ist, der gegen das Leben Abgepanzerte, der diesem nicht zu antworten weiß und dem daher jede Äußerung dieses Lebens neues Unglück bescheren muss: einen durchkreuzten Plan, eine notwendig als negativ erlebte Enttäuschung, einen Angriff und eine Belastung; immer wieder muss er, je nach Naturell, in Niedergeschlagenheit und Verzweiflung zergehen oder sich empören, sich hilflos und verlassen oder aber beleidigt und ungerecht behandelt fühlen (und macht seine Lebensuntüchtigkeit ihn selbst dieserart unglücklich, so ist das noch das Geringste, denn auch alle Bekämpfung des Lebens, aller Faschismus haben hier ihre Wurzel, wenn nämlich dem Unglück nicht abgeholfen werden soll, indem man seinen Panzer ablegt, beweglich wird und seinen Umgang mit dem Leben übt, indem man also an sich arbeitet, sondern indem man, alle Selbstkritik verweigernd und lieber im Opfertum verharrend, als Täter zu werden, das Leben und seine Umwelt zu beherrschen und zu zwingen sucht). Die Starrheit der Menschen lösen und in Beweglichkeit wandeln, sie zum Ablegen ihres Panzers zu bewegen und berührbar zu machen, kurz: die Toten lebendig machen und Wesen, die in aller Wahrheit gar keine Menschen, sondern lediglich Zombies sind, in rechte Menschen zu verwandeln, das eigentlich heißt aufklären: und wenn die Rede, nach der Jesus und alle, die Christus im Herzen tragen, die Toten aufzuerwecken vermögen, irgendeinen Sinn haben soll, der über den einer läppischen Fabel und über ein dem Materialisten zwar vielleicht wundersam erscheinendes, dem höheren Menschen aber notwendig recht banales und belangloses Kunststück hinausgeht, so kann es nur dieser sein.
Nun hat das Leben einmal wieder mich ereilt und meine Pläne umgeworfen. Nicht darin erweise ich mich als ein Aufgeklärter, dass derlei mir nicht geschehen kann, sondern nur dadurch kann ich mich jedes Mal als solcher bewähren, dass ich entsprechend damit umgehe. Dieser Umgang verlangt, dass ich meine Sommerpause, die nun eigentlich ihr Ende hatte finden sollen, in den Herbst hinein fortsetze. Was mich hierzu veranlasst, das ist privat und kann und soll das Publikum nicht interessieren: genug, es tragen sich Dinge zu, die meine Aufmerksamkeit verlangen. Man hat daher auch im September nicht mit neuen Vorträgen der Stimme der Vernunft zu rechnen – ob noch auf länger, das weiß der Himmel.