Das menschliche Gemüth nimmt (so wie ich glaube, daß es bei jedem venünftigen Wesen nothwendig geschieht) ein natürliches interesse an der Moralität, ob es gleich nicht ungetheilt und praktisch überwiegend ist. Befestigt und vergrößert dieses Interesse, und ihr werdet die Vernunft sehr gelehrig und selbst aufgeklärter finden, um mit dem praktischen auch das speculative Interesse zu vereinigen. Sorget ihr aber nicht dafür, daß ihr vorher wenigstens auf dem halben Wege gute Menschen macht, so werdet ihr auch niemals aus ihnen aufrichtig gläubige Menschen machen.

 

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. 2. Auflage. Fußnote. II. Zweites Hauptstück. Dritter Abschnitt.