Das Böse ist für Kant mehr als nur ein Mangel des Guten. Es kann nicht dadurch erklärt werden, dass die sinnlichen Antriebe im Menschen schlicht stärker sind als die Vernunft, vielmehr muss der, der lieber diesen als dem moralischen Gesetz folgt, sich bereits entschieden haben, ihnen mehr Einfluss auf sein Handeln einzuräumen als dem Gedanken der Pflicht. Den Hang hierzu, den jeder Mensch, selbst der tugendhafte und weise, in sich trägt, nennt Kant ein radikales Böses in der menschlichen Natur. Und ohne dessen Erkenntnis kann keine Theorie eine wahrhafte Moralphilosophie sein.
Über das radikale Böse spricht Kant vornehmlich im ersten Stück seiner Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Zum vollen Verständnis sei aber dringend empfohlen, zur Ergänzung auch seinen handschriftlichen Nachlass zur Anthropologie und vor allem zur Religionsphilosophie zu studieren.