Wer am Thema dieses Vortrags interessiert ist, kann den dritten Abschnitts des Streits der Fakultäten lesen oder Kants De Medicina Corporis, quae Philosophorum est (in deutscher Übersetzung als Über die Heilung des Körpers, soweit sie Sache der Philosophen ist; leider fand ich keine kostenlos online verfügbare deutsche Version).
Letztere Schrift, wenngleich bei weitem weniger bekannt, ist vielleicht theoretisch aufschlussreicher, dagegen ist erstere voll der Selbstbeobachtungen und Ratschläge zur gesunden Lebensführung und damit heute noch aus aufklärerischer Sicht interessant – weniger, weil man sie sklavisch befolgen sollte, sondern der Anregung wegen zur eigenen Selbstbeobachtung und zu einem Umgang mit seinem Körper als Täter. Am besten übrigens liest man beide kurze Schriften gemeinsam. Zudem mag man Kants Handschriftlichen Nachlass zur Medizin lesen.
Medizin und Philosophie scheinen heute nichts miteinander zu tun zu haben. Für Kant aber kann der Philosoph heilerisch tätig sein und seine moralischen Anweisungen können zugleich der Gesundheit dienen. Er selbst begegnete seinem zeitlebens kränklichen Körper auf philosophische Weise und erhielt sich so bei guter Gesundheit, ohne des Arztes zu bedürfen. Seine Gedanken zur Gesundheit geben ein hervorragendes Beispiel dafür ab, was genau er unter dem Philosophen nach dem Weltbegriffe, d. i. unter dem weisen Gesetzgeber der Vernunft, verstand. Doch ist die heilerische Tätigkeit des Philosophen von der des Arztes streng geschieden, denn der eine ist Salutologe, der andere Pathologe.