Argumente und Scheinbeweise lassen sich für jede noch so falsche Meinung finden. Und die Gegenseite glaubt ihren Argumenten so sehr wie man selbst den eigenen. Daher genügt es in einem Streit um Wahrheit nicht, die andere Position nur zu widerlegen und die eigene bloß zu beweisen. Man sollte stets auch fragen, wie die andere Meinung, wenn sie tatsächlich falsch sein sollte, dennoch ihren Anhängern richtig scheinen kann. Die kritische Methode besteht in Aufsuchung der Prinzipien hinter einer Meinung und Einnahme der Perspektive, aus der sie wahr scheinen musste, und sucht die Quellen des Scheins zu verstopfen. Eben diese Methode ist es, derer Kant sich in seiner Kritik der Vernunft bedient.
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Kant hat, wie die meisten Philosophen, keine eigentlich methodologische Schrift verfasst. Am ehesten finden sich Hinweise zur Methode in seiner Philosophischen Enzyklopädie. In seiner Logik. Und in den Vorlesungen zur Logik. Aber auch verstreut in anderen, vornehmlich theoretischen Schriften. Die beste Empfehlung, die ich demjenigen geben kann, der vor allem an einer Methodik interessiert ist, ist aber ohnehin, nicht allein eine Theorie von der Methode zu verlangen, sondern die Methode in ihrer Anwendung kennenzulernen.
Kein besseres Beispiel kann zu Kants Verwendung der kritischen Methode studiert werden als die Kritik der reinen Vernunft.