Aus einer möglichen Zukunft. — Ist ein Zustand undenkbar, wo der Übelthäter sich selber zur Anzeige bringt, sich selber seine Strafe öffentlich dictirt, im stolzen Gefühle, dass er so das Gesetz ehrt, das er selber gemacht hat, dass er seine Macht ausübt, indem er sich straft, die Macht des Gesetzgebers; er kann sich einmal vergehen, aber er erhebt sich durch die freiwillige Strafe über sein Vergehen, er wischt das Vergehen durch Freimüthigkeit, Grösse und Ruhe nicht nur aus: er thut eine öffentliche Wohlthat hinzu. — Diess wäre der Verbrecher einer möglichen Zukunft, welcher freilich auch eine Gesetzgebung der Zukunft voraussetzt, des Grundgedankens: „ich beuge mich nur dem Gesetze, welches ich selber gegeben habe, im Kleinen und Grossen.“ Es müssen so viele Versuche noch gemacht werden! Es muss so manche Zukunft noch an’s Licht kommen!

Friedrich Wilhelm Nietzsche: Morgenröte. Drittes Buch. 187.