Sehr geehrte Damen und Herren,

 

vor einer Zeit habe ich eine Packung Ihres Produkts Gustoni Cracker Tomate mit Oregano erworben. Ich schreibe Ihnen, um Sie wissen zu lassen, dass ich es kein zweites Mal kaufen werde. Ich möchte klarstellen, dass dies nicht am Produkt selbst liegt – die Cracker haben gut geschmeckt, was es umso bedauerlicher macht, dass ich sie nicht nochmals erwerben kann –, sondern an seiner Verpackung.

Die äußere Plastikhülle habe ich in den Kauf genommen; man findet ja nicht viele entsprechende Produkte ohne. Ich fand sie dann im Inneren aber nicht nur mit ganz unnötiger Alufolie beschichtet, sondern noch eine weitere Verpackung – und darunter, der eigentliche Gegenstand meines Entsetzens, nicht die einzelnen Cracker, sondern jeweils fünf von ihnen nochmals zusammen in insgesamt acht kleine Plastikhüllen verpackt. Und für fünf kleine Cracker jedes Mal ein neues Stück Plastik in den Müll zu werfen, kann ich nun wirklich nicht mit meinem Gewissen vereinen.

Wenn Sie so viele Gewinne erwirtschaften, dass Sie einfach Material verschwenden können – denn immer nochmals fünf Cracker einzeln zu verpacken muss, hochgerechnet, ziemliche Kosten verursachen, und ich sehe auf der anderen Seite keinen entsprechenden Gewinn, den Sie dadurch machen würden –, so können Sie diesen, wenn Sie denn möchten, sicher auch anders loswerden, und sei es, dass Sie etwas überflüssiges Geld zum Fenster herausschmeißen, was immerhin einige Passanten freuen würde. Sie haben aber, als einzelne Menschen und als Unternehmen, eine Verantwortung der globalen Gemeinschaft, ihren Mitmenschen wie sich selbst und nicht zuletzt ihren Kindern gegenüber, die Ihnen verbietet, ihr eigenes Geld, wenn Sie es denn verschwenden wollen, gerade auf eine solche Weise zu verschwenden.

Ich bin nicht naiv genug, wie viele Menschen zu meinen, Bio wäre gleich Öko. Nein, ich weiß es besser, weiß, dass auch im Biobereich oft genug die Mitwelt durch Verpackungsmüll, Treibhausgase oder auf andere Weise zerstört wird. Aber ich meine doch, dass Bio Öko sein sollte und dass, wo es das nicht ist, man beinahe darauf verzichten kann. Gewiss schreibe ich nicht jedes Mal der betreffenden Firma, wenn ein Produkt in irgendeiner Weise nicht vollständig Öko sein sollte; wenigstens eine äußere Plastikumhüllung ist derzeit noch so üblich, dass man da aus dem Schreiben nicht herauskäme. Ihr Produkt aber sticht durch seine viele Verpackung traurigerweise aus der Masse derart heraus, dass es mich beim Öffnen schockiert und, wie gesagt, von jedem weiteren Kauf abgehalten hat, wenigstens bis es anders verpackt werden sollte.

– Was mich denn zu dem bringt, was ich nun von Ihnen erwarte und was ich nicht erwarte: Bitte verzichten Sie, sollten Sie es bei der bisherigen Verpackung belassen, auf jegliche Antwort, denn es gibt in diesem Falle nichts zu antworten. Ich bin Aufklärer von Beruf; Markentingfloskelei zieht bei mir nicht, und Sie können mich durch keinerlei Worte, sondern nur durch entsprechende Taten als Kunden Ihres Produkts wiedergewinnen – Worte ohne Taten, d. h. hohle Phrasen, wären nur eine persönliche Missachtung und müssten mich erwägen lassen, anstelle dieses einen Produkts Ihre ganze Firma fortan zu meiden. Was ich also von Ihnen nicht zur Antwort hören möchte, ist eine vorgefertigte Entschuldigung, die keine ist, solange Sie nichts ändern (so wie ich mir von Menschen, die mir auf den Fuß treten, keine Entschuldigung gefallen lasse, solange sie ihren Fuß nicht von meinem herunter nehmen), oder das Aussprechen der Hoffnung, ich werde trotzdem auch weiterhin mit Freude bei Ihnen einkaufen (das werde ich, wie gesagt, wohl nicht, wenn ich solch eine Antwort erhalten sollte). Auch brauche ich keine Ausflüchte zu hören, also keine Erklärungen, warum Sie Ihre Cracker derart in der Verpackung noch einmal verpacken und warum sie dies auf jeden Fall weiterhin tun müssen – denn wie gesagt, ich bin Aufklärer, als solcher sage ich Ihnen vorweg: Der Mensch ist kein Tier, das von Instinkten, kein Roboter, der von seiner Programmierung gesteuert wird, der Mensch ist ein freies Wesen, was ihm wirklich wichtig ist, dafür kann er auch stets einen Weg finden, und jedes „muss“ ist eine Lüge, hinter der sich ein „ich will nur nicht, es kümmert mich nicht und ich bin zu faul, es anders zu machen“, verbirgt – belogen werden aber will ich nicht. Daher sage ich schon jetzt vorsorglich: Es mag irgendwelche Vorteile in dieser Art der Verpackung geben; dann seien Sie kreativ und lassen sich einfallen, wie Sie diese Vorteile sicherstellen können, ohne damit die Zukunft unserer Art auf diesem Planeten zu gefährden.

Ich will annehmen, dass diese Verpackung nicht aus bösem Willen, sondern aus Gedankenlosigkeit entstand. Deshalb weise ich Sie auf den Umstand hin, über den Sie vielleicht nur nicht nachgedacht haben: wie schädlich und untragbar für diesen Planeten und unser aller Lebensgrundlage sie ist. Ich gebe Ihnen diesen Hinweis in der Hoffnung, bei Ihnen auf etwas zu stoßen, was heute an einzelnen Menschen selten genug, überall da aber, wo Menschen nicht als sie selbst handeln, sondern nur funktionieren und namen- und gesichtslos hinter der Fassade eines Unternehmens, einer Bürokratie usw. sitzen, umso weniger häufig angetroffen wird: Berührbarkeit. Ich schreibe Ihnen dabei nicht als Privatperson und Individuum, sondern als Stimme der Vernunft – und wenn an einen ein Befehl der Vernunft ergeht, so hat man nichts weiter zu tun, als ihm Folge zu leisten, andernfalls ist man eben unvernünftig. Daher erwarte ich, nochmals, keine an meine Person, die hier gar nicht in Betracht kommt, gerichtete Antwort mit dem Ziele, diese irgendwie zu beschwichtigen, sondern von Ihnen eine vernünftige Tat: die Änderung der Verpackung Ihres Produkts.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Jonathan Löwer