Der russische Überfall auf die Ukraine hat mir schon zu seinem Beginn Gelegenheit zu einem Text über die Aufklärung, die in unserer Welt schon heute existiert und stattfindet, gegeben. Inzwischen währt dieser Überfall schon einige Monate. Auf den Schock, den er bei vielen Menschen hierzulande zunächst ausgelöst und der sich auch in der Berichterstattung niedergeschlagen hat, ist längst gefolgt, was zuverlässig immer früher oder später folgt, was ja auch beispielsweise längst unseren Umgang – oder vielmehr Nicht-Umgang mit der Klimakatastrophe und Fridays for Future prägt: Alltag, Gewöhnung und schließlich Gleichgültigkeit, denn was lange bleibt, das pflegen die Menschen nicht eben darob als besonders wichtig und drängend zu betrachten, wie sie sollten, sondern vielmehr bald schon zu übergehen, und nichts vergisst sich leichter, als was man ständig vor der Nase hat – nur für die Lebensunerfahrenen füge ich hinzu: Dies schließt das Bauchweh und das Unglück der Unaufgeklärten mit ein, die derart ihren ganzen Alltag bestimmen und in jeder einzelnen Sekunde ihres Lebens präsent sind, dass sie gegen sie gänzlich abgestumpft sind und sie eben darob nicht bemerken, ja mitunter sich sogar versteigen können, sich für zufrieden oder gar glücklich zu halten. Diese Befangenheit im Moment lässt sich übrigens dem Interessierten leicht erklären: Wer unaufgeklärt, d. h. fremdgeleitet ist, der kann wohl von Neuem, gerade von Plötzlichem und Lautem überrascht, schockiert und gewissermaßen aus seinem Schlummer geweckt werden, er kann dann sogar einmal aktiv werden und z. B. im Falle eines ausbrechenden Krieges das Geschehen zunächst mit Anteilnahme verfolgen oder anfänglich helfen wollen. Doch kein Affekt währt sonderlich lange, und solch ein Mensch wird schnell von Anderem in andere Richtungen gerissen werden. Es bedürfte schon einer besonnenen Selbstleitung und Selbstbestimmung, es bedürfte fester Grundsätze, es bedürfte eines Handelns nicht als affektive Reaktion auf einen starken äußeren Eindruck hin – denn der Eindruck wird sich bald wieder verflüchtigen, und mit der Begründung fällt stets das Begründete weg –, sondern aus eigener vernünftiger Einsicht heraus – denn die Vernunftgründe bleiben stets dieselben und eine solche Einsicht würde über die Zeit bleiben, wie sie von Anfang an war, und nicht an bewegender Kraft verlieren –, um längere Zeit sich auf eine Sache einzulassen. Es verhält sich hier nicht anders als bei einer Liebesbeziehung, die bei uns so häufig nach Kurzem in die Brüche gehen, weil sie allzu oft nur auf dem anfänglichen Reiz der verliebten Leidenschaft gegründet werden, welcher aber immer und mit naturgesetzlicher Notwendigkeit früher oder später vergehen muss und nicht ewig anhalten kann, was sodann die Gemeinschaft zerstören muss, wenn nicht ein echter Wille zum Zusammensein und die Bereitschaft, hier hinein wirkliche Arbeit zu stecken, sie inzwischen tragen.

Aber dem sei, wie ihm wolle: Ich bin kein Journalist, d. h. das Thema mag schon längst nicht mehr solche Wellen schlagen und für gar so viele Schlagzeilen auf den Titelseiten sorgen wie beim letzten Mal, da es auch mich beschäftigte, das soll doch aber den Aufgeklärten nicht kümmern, der eben nicht dem Moment und dem Affekt gehört, der nicht jedes Mal den Kopf herumreißt, wenn er etwas aufblinken sieht oder einen Knall hört, nur um dann aber auch sogleich wieder desinteressiert wegzuschauen. Die seit Beginn des russischen Kriegszugs verstrichene Zeit gab Gelegenheit, manches zu sehen, was jeder, der offenen Auges durchs Leben ging, bereits wusste:

Die Unfähigkeit zum Lernen aus der Geschichte, die deshalb eine ermüdende und zunehmend verdrießliche Abfolge der immergleichen Fehler bleibt. Wobei man zugleich die ewige Befangenheit der Unaufgeklärten im Moment entdecken kann, die ja diese Unfähigkeit zum Lernen erst ermöglicht: Es kommt den Ideologen, die heute beispielsweise laut tönen, die Bundesregierung sei mit einer ideologischen Politik daran schuld, wenn hier jetzt Gasknappheit herrsche, das Gas sei ja da, man müsste nur Nord Stream 2 in Betrieb nehmen – es kommt ihnen ja gar nicht in den Sinn, auch nur daran zu denken, dass sie als Amerikaner 1941 lauthals gegen ideologische Kriegstreiberei und Interventionismus protestiert und den Frieden mit Hitler beschworen hätten; denn eine andere als die eigene momentane Situation bedenken die Unaufgeklärten nicht, aus sich selbst treten sie niemals heraus und solche Vergleiche, deren Ausgang ihnen unangenehm würde, stellen sie nicht an.

Auch die Feigheit und Nichtswürdigkeit vieler Menschen – nicht zuletzt zahlreicher Intellektueller, die sich damit mehr schuldig machen als irgendjemand sonst, da doch gerade die Gelehrten die heilige Pflicht haben, sich nur von einer Idee bestimmen zu lassen, und gar keinen Wert, gar kein Existenzrecht haben, wenn sie in der Gesellschaft nicht die Aufgabe erfüllen, eben die Idee zu verbreiten und heimisch zu machen – denn Nahrung oder Kleidung produzieren sie keine, zur Ordnung und Sicherheit tragen sie nichts bei, sie sind, kurzum, ganz ohne Funktion und also parasitär, wofern sie nicht von einer Idee geleitet werden. Aber man sieht nichts von Idealismus, nur den kläglichsten Konsequentialismus, ganz unbesorgt darum – ich sprach schon davon, dass man aus der Geschichte nicht lernt – dass ja erst ein solcher Konsequentialismus, der uns nicht früher die Unabhängigkeit von Russland suchen und nicht früher seinem Despoten Einhalt gebieten, sondern vielmehr auch nach der Krimannexion, auch nach dem Georgienkrieg an unserem Appeasement festhalten ließ, uns unsere jetzigen Probleme eingebrockt hat, wie ja überhaupt alle politischen Probleme der heutigen Welt Folgen des bisherigen Bösen und daher sicherlich nicht durch weiteres Böses, sondern nur durch das radikale Gute zu lösen sind. Besonderen Ekel erregt die verlogene Selbstverständlichkeit, mit der sich dieser Konsequentialismus mit Egozentrik paart – denn ein etwas weitsichtigerer und allgemeinerer Konsequentialismus, wenngleich noch immer moralisch böse und metaphysisch primitiv, würde doch immerhin alle Konsequenzen bedenken, auch die für die Menschen in der Ukraine: während heute beständig geschimpft wird, es sei naiv, zu glauben, die deutsche Wirtschaft und der deutsche Wohlstand könnten den Verzicht auf russisches Gas überstehen – ganz so als wäre Deutschland eine Insel im Nirgendwo und als gäbe es keine Welt jenseits unsrer Grenzen; denn man möchte mit demselben Rechte sagen können: es wäre naiv, zu glauben, Wirtschaft, Wohlstand, ja Existenz der Ukraine könnten es überstehen, wenn wir nicht auf russisches Gas verzichten: – Nur würde man den Egozentrikern unrecht tun, ihnen diese naive Meinung zu unterstellen, denn es ist ja nicht so, dass sie behaupten, die Ukraine werde schon zurechtkommen und es werde kein einzelner Mensch mehr sterben, auch wenn wir weiter russisches Gas beziehen, es ist vielmehr so, dass das Schicksal der Ukraine schlicht nichts ist, was ihnen auch nur durch den Sinn geht bei ihren Tiraden.

Wir können weiter beobachten, dass wir nicht eine unfähige, sondern im eigentlichen Sinne gar keine Politik haben. Dass überhaupt nicht regiert wird, nicht einmal getan wird, als hätte man irgendeinen langfristigen Plan oder ein wirkliches Ziel, nicht versucht wird, Maßnahmen, Gesetze und Handlungsweisen zu finden, die der Gemeinschaft, der Polis, ein dauerndes Zusammenleben ermöglichen, sondern dass man sich nur von den Geschehnissen vor sich hertreiben lässt, hilflos flickt und sich von Rettungspaket zu Konjunkturspritze hangelt, als könnten einzelne kurzfristige Maßnahmen, die uns irgendwie durch die beständigen Krisen manövrieren sollen, etwas an dem kaputten System ändern, das die Schwierigkeiten überhaupt erst hervorbringt, welchen durch sie gesteuert werden soll. Das deutsche Volk dümpelt in einem lecken Boot vor sich hin und die politische Klasse, anstatt etwas dafür zu tun, dass wir das Boot wirklich reparieren, in ein anderes umsteigen oder aber an Land gehen, schaufelt nur immer mal wieder halbherzig etwas Wasser heraus, während niemand zu sagen vermöchte, wohin die Fahrt überhaupt geht – oder ginge, wenn der ganz klar und deutlich vor dem Boot aufragende Eisberg ihr nicht in Kurzem ein Ende setzen würde. Man beobachtet die übliche Politik der Halbheiten und die üblichen schalen Kompromisse, die alte Angst, es sich mit irgendwem zu verscherzen oder irgendwen vor den Kopf zu stoßen, nicht zuletzt die leidige Wählerschaft, die üblichen Versuche, sich den Pelz waschen, aber nicht nass machen zu lassen, also die völlige Unfähigkeit zur konsequenten Verfolgung der selbst verkündeten politischen Ziele oder Beschlüsse.

Es zeigt sich auch einmal mehr die Unberührbarkeit und Unbeweglichkeit der Unaufgeklärten. So wenig die Feuer in Australien oder das Wasser im Ahrtal, so wenig selbst ihre eigenen Kinder, die auf ihre Ausbildung verzichten und für ihr Grundrecht auf Leben demonstrieren mussten, diese Menschen aufwecken und bewegen konnten, auch nur im Kleinsten ihre Lebensweise zu überdenken, so wenig bewegt sie jetzt der Überfall des russischen Despoten, das Bild zerstörter Städte, die Nachricht von Folter und Vergewaltigung. Das Tempolimit bleibt dem Deutschen, was dem Amerikaner die Waffengesetze sind, und wenn die Klimakrise, der Ukrainekrieg, die Spritpreise und tausende Autobahntote pro Jahr nicht einmal in einer solch belanglosen Frage ein Abrücken von festgefahrenen Ideologien herbeiführen, wenn das Weltgeschehen heute nicht einmal eine symbolische und im Ganzen ganz unerhebliche Maßnahme wie ein oder zwei autofreie Sonntage bewirken kann, ja eine solche nicht einmal auch nur debattiert wird – wie sollten da die radikalen und grundlegenden Transformationen stattfinden, die die Realität uns heute abfordert und die Vernunft uns kategorisch befiehlt? Die unaufgeklärte Masse, so erweist sich einmal mehr, ist verstockt, ja im wahrsten Wortsinne gar nicht lebendig, sondern tot, eine Herde von Zombies, die stöhnend und gurgelnd und schlurfend ihr Unwesen treiben.

Aber neben alle diesem wenig Erquicklichen kriegen wir, wie bei jedem Übel, auch Dinge zu sehen, die hoffen lassen und zeigen, dass es auch Aufgeklärtes gibt in dieser unaufgeklärten Welt. Und es lassen sich Dinge entdecken, die vielleicht gewöhnlich mehr im Verborgenen bleiben, so man nicht aktiv nach ihnen sucht.

Hierzu gehört der teils tapfere, teils mutige, teils heroische, teils wahrhaft gute und pflichtmäßige Widerstand vieler Russen gegen diesen Krieg und gegen das tyrannische Regime, das ihr Vaterland beherrscht.

Prominente Menschen in bedeutender Position haben ihre Stimme wider den Krieg und den Despotismus erhoben: Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow hat seine Medaille versteigert und den beträchtlichen Erlös von 103,5 Millionen Dollar gespendet, um ukrainischen Kindern zu helfen, die vor der Invasion ihres Landes fliehen müssen – und hofft, damit auch Anderen den Anstoß zu geben, ihre wertvollen Besitztümer zu versteigern, um den Menschen der Ukraine zu helfen. Aber Muratow war schon lange ein Kritiker des russischen Regimes, er hatte es bereits verurteilt, als vor Jahren die Krim heim ins russische Reich geholt wurde, und die Auszeichnung, die er nun versteigert hat, bekam er für seine Arbeit als Chefredakteur der unabhängigen und regimekritischen Nowaja Gaseta, es war also nur zu erwarten, dass er sich auch gegen den jetzigen Krieg stellen würde.

Auf seine Weise bemerkenswerter ist ein Fall wie der des Boris Bondarew, der zwei Jahrzehnte, also ungefähr so lange als der jetzige Despot sein Land beherrscht, im diplomatischen Dienst Russlands tätig war, zuletzt in Genf am dortigen Sitz der Vereinten Nationen, diesen Dienst inzwischen aber quittiert und öffentlich verkündet hat, er habe sich noch niemals zuvor so für sein Land geschämt. Damit hat er eine erfolgreiche Karriere aufgegeben, auch eine Rückkehr in sein Heimatland vorerst unwahrscheinlich gemacht, ja vielleicht sich und seine Familie in Gefahr gebracht, da es ja kein Geheimnis ist, dass der russische Geheimdienst Regimegegner teils verfolgt und ermordet, selbst im Ausland, – aber auch Rückgrat bewiesen, wie es leider viel zu selten ist und auch vielen seiner Kollegen fehlt, unter denen nach seiner Aussage – aber auch gemeine Menschenkenntnis reichte hin, um dies als sicher anzunehmen – einige ähnliche Skrupel haben wie er, aber es doch nicht auf gleiche Weise gewagt haben, ihrem Gewissen zu folgen. Dabei sagt Bondarew von sich richtig: „Ich bin kein Held. Aber meine Eltern haben mich so erzogen: Ein Mensch muss eine Meinung haben und dann auch danach handeln.“¹ In der Tat ist niemand ein Held, der schlicht seine Pflicht tut – denn diese zu tun, ist eben: seine Pflicht; und heldenhaft wäre nur, was über diese hinausgeht. Aber gerade darin liegt das Übel, dass wir zu selten von Pflicht reden, dass wir diesen Begriff für altmodisch, abgeschmackt, ja lächerlich oder anmaßend ausgeben, und zu oft Menschen, die ihrem Gewissen folgen, als Helden feiern: Heldentum geht über die bloße Pflichterfüllung hinaus und kann eben darum schlechterdings keinem Menschen abgefordert werden, was ja auch eben der Grund ist, weshalb wir es für verehrungswürdig halten: Indem wir also Taten, die wir jedem Menschen abfordern sollten, zu herausragenden Heldentaten erklären, beruhigen wir das Gewissen des gemeinen Menschen, der nun meinen kann: „Ich bin eben kein Held – leider zwar!, und ich bewundere den Heldenmut anderer, aber es kann eben nicht jeder ein Held sein.“ Auch die zweite Aussage ist ganz richtig und Bondarews Eltern haben da etwas sehr Wahres gesagt: Zunächst kann es jedem Menschen abgefordert werden, ein Urteil – ich will lieber diesen passenderen Begriff gebrauchen – zu haben über Recht und Unrecht; niemandem steht es zu, gedankenlos seinem Tagwerk nachzugehen und über die Dinge, die um ihn her geschehen, nicht zu urteilen, niemandem ist es moralisch erlaubt, nur seine Arbeit zu verrichten, ohne darüber nachzudenken, ob er mit dieser Gutes tut oder Schaden anrichtet, nur Funktion zu sein, nur zu tun, was auch ein gut programmierter Roboter könnte – desn diese Reduktion des Menschen und des eigenen Selbst auf das reine Funktionieren und diese Gedankenlosigkeit ist eben, was Arendt als Banalität des Bösen beschrieb und was so viele Beamte und Staatsdiener (und freilich auch andere) auszeichnet, sie mögen nun Eichmann heißen oder russische Namen tragen. Sodann aber reicht ein bloßes Urteil nicht, wenn man es für sich behält, ja es ist große Schuld, jemals wider sein Gewissen zu handeln und etwas zu tun und eine Sache zu unterstützen, wenn man doch sehr wohl eingesehen hat, dass dies böse ist – um gar nicht erst davon zu reden, dass es nicht nur eine Schuld, sondern notwendig eine Quelle von Gram und Bauchschmerzen ist. Der Mensch soll konsequent sein, so fordert die Vernunft, denn Vernunft ist überhaupt gar nichts anderes als durchgängige Konsequenz, und so muss, wer sein Urteil gefällt und seine Überzeugung hat, eben auch hiernach handeln, er mag damit auch seine Stellung oder selbst sein Leben gefährden, die doch niemals mehr wert sein und übrigens auch niemals mehr beseligen können als das Übereinstimmen mit sich selbst, das allein den Menschen zu sich selbst ja sagen, d. i. das Gewissen ihn billigen lässt.

Muratow und Bondarew sind beide Menschen mit einem gewissen Status und einer gewissen Vernetzung, deren Protest gegen den russischen Despotismus Beifall verdient und auch gewiss nicht ohne persönliches Risiko ist, doch es ist noch einmal etwas anderes, wenn ganz gemeine Russen, wenn Menschen von geringerer öffentlicher Bekanntheit und in größeren Abhängigkeiten ihre Stimme erheben.

Viele Russen im Ausland haben seit Beginn des Krieges gegen diesen und gegen seine Verursacher demonstriert. Eine besondere Erwähnung verdient hierbei, dass eine nicht geringe Zahl im Ausland lebender Russen ihre russischen Pässe verbrannte, ob auf Demonstrationen für den Frieden, vor den russischen Botschaften oder in Videos im Internet. Dies ist mehr als nur ein Akt von starker Symbolkraft. Denn hierunter sind viele Menschen, die keine zweite Staatsbürgerschaft besitzen und die sich hierdurch in Bedrängnis bringen. Mancher lebt in prekären Verhältnissen in einem anderen Land, unsicher, ob er dort bleiben kann oder nach Russland wird zurückkehren müssen. Mancher erschwert sich durch das Verbrennen seines Passes das Finden einer dauerhaften Bleibe oder aber einer Arbeitsstelle. Und mancher reißt dieser Art die Brücken zu seinem Herkunftsland ein, wenngleich er in seiner neuen Wahlheimat nicht uneingeschränkt willkommen ist, denn der antirussische Rassismus hat seit Beginn des Überfalls auf die Ukraine vielerorts zugenommen und viele Menschen fragen nicht danach, ob ein Russe, den sie treffen, den Krieg tatsächlich unterstützt oder ob er ihn ablehnt und vielleicht gar seinen Pass darüber verbrannt hat.

Aber auch in Russland selbst gibt es Protest und Widerstand – und dies ist aus zweierlei Gründen besonders hervorzuheben, einerseits weil sich Menschen, die ganz der Gewalt dieser Despotie ausgesetzt sind, in einem Maße in Gefahr begeben, wenn sie gegen sie die Stimme erheben, wie es der nicht tut, der im Ausland lebt und durch einen anderen Staat einen gewissen Schutz genießt; zum anderen aber, weil, wer in Russland lebt, ausgesetzt der Propaganda, die die vom Staat kontrollierten Medien verbreiten, umgeben von einer Gesellschaft, die indifferent gegen die Verbrechen ihrer Herrscher ist oder diese gar aktiv mitträgt, vielleicht in stärkerem Maße selbst denken und das eigene Gewissen bemühen muss, als ein im Ausland lebender Russe, der in den Nachrichten offen von den Verbrechen seines Heimatlandes berichten hört und sich inmitten von Menschen bewegt, die den Krieg und die Tyrannei bereits verurteilen.

Für besonderes Aufsehen sorgte der Fall der Redakteurin Marina Owsjannikowa, die während einer Livenachrichtensendung im russischen Fernsehen hinter die Sprecherin trat und ein selbstgemaltes Schild hochhielt, mit dem sie gegen den Krieg protestierte und zugleich die Zuschauer anhielt, der Propaganda und den Lügen im Staatsfernsehen nicht zu glauben. In einem auf Facebook nach diesem Protest veröffentlichten Video rief Owsjannikowa ihre Landsleute auf, ebenfalls zu demonstrieren, und erinnerte sie an das, was bei jedem Unrecht und in jeder Diktatur wahr ist: es können nicht alle zugleich bestraft oder weggesperrt werden, die Gefahr schwindet also, wenn statt des Einzelnen sich die Masse erhebt. – Da dies aber nicht geschieht, bleibt der Einzelne gefährdet, und Owsjannikowa wurde mehr als einmal verhaftet und äußerte Sorge für ihre und ihrer Kinder Sicherheit: – Zugleich jedoch stellte sie aber auch klar, sie wolle in Russland bleiben, obwohl ihr unter anderem der französische Präsident Asyl anbot, sowohl sie als auch ihr Sohn seien Patrioten.

Nationalistische Brüllaffen haben dieses hehre Wort freilich lange in den Schmutz gezogen. Und es ist wenig besser, wenn andere Nationalisten, die sich nur einen harmloseren Anstrich geben wollen, eine verquere Differenzierung zwischen Nationalismus, der die anderen Nationen abwerte, und Patriotismus, der nur die eigene Nation liebe (ganz so, als bedeute das, was sie da „Liebe“ heißen, nicht notwendig das Stellen über Andere, selbst wenn diese Anderen nicht vollends verworfen werden mögen), vornehmen, die doch nur kaschiert, dass auch sie Nationalisten sind, oftmals nicht einmal nennenswert gemäßigtere Nationalisten: Auch sie faseln gerne von Liebe zu ihrem Land oder gar Stolz auf ihr Land, obwohl doch Stolz auf etwas, statt Stolz an sich, eine ohnehin schon unaufgeklärte Empfindung ist, umso unaufgeklärter aber, wenn man stolz nicht auf eine eigene Leistung, sondern auf einen Zufall ist, für den man nichts kann, d. i. hier: den Zufall, eben in diesem und nicht einem anderen Land geboren zu sein.

Zwei wichtige Merkmale des echten Patriotismus lassen sich bei dieser Gelegenheit hervorheben, und es dürfte wichtig sein, diesen zu beschreiben, wann immer es möglich ist, denn echter Patriotismus ist Staatsbürgerpflicht, zugleich aber kennt unsere Zeit nur die rechte Verdrehung des Patriotismus zum Nationalismus oder die linke Verwerfung desselben:

Zum einen will der Patriot stets den Fortschritt seiner Nation, und Der ist kein Patriot, sondern vielmehr ein Vaterlandsverräter, der die Nation auf der derzeitigen Stufe ihres Fortschritts, diese sei so niedrig oder so hoch, als sie wolle, erhalten und damit also jede weitere Verbesserung hindern will (d. h. niemand kann konservativ und zugleich Patriot sein, der Konservative ist immer und mit Notwendigkeit ein Todfeind seines Vaterlandes). Der Patriot will Freiheit, Recht und Bildung für seine Nation, er wird sich stets für ihre Aufklärung einsetzen – und dies beinhaltet, mit klarem Blicke zu sehen, sich selbst einzugestehen und auch öffentlich zu bekennen, wo es in seiner Nation noch an Aufklärung fehlt oder wo gar das Unrecht herrscht. Die Welt ist freilich voll von Menschen, die behaupten, ihr jeweiliges Vaterland zu lieben, und die jede Schandtat ihres jeweiligen Regimes verteidigen, jeden Krieg, jede Ausbeutung, jede Unterdrückung, oder auch jedes vergangene Verbrechen, jeden Kolonialismus, jeden Völkermord, jede Tyrannei, entweder schönreden oder rundheraus leugnen. Aber das wären schlechte Eltern, die nur rühmten, wie großartig ihr Kind sei, dieweil es in der Schule scheitert und seine Kameraden hänselt und quält, vielmehr sollten sie ihres Kindes Schwächen und Fehler sehen und ihm helfen, in der Schule besser zu werden und vor allem Menschenachtung zu entwickeln. Und Der wäre kein guter Freund, der eines Freundes Drogenproblem übersähe oder schönredete, anstatt ihm vielmehr zu helfen, von den Drogen loszukommen. Freilich, die Tyrannen haben die Gewohnheit, sich und ihre Regime mit dem Vaterland gleichzusetzen, und ob in Russland oder China, ob in Ungarn oder der Türkei, überall wird heute der, der gegen die Tyrannei das Wort erhebt und der auf einen echten Fortschritt der Nation hinarbeitet, als ein Verräter an dieser Nation gebrandmarkt werden, überall redet die Propaganda den Menschen ein, der wahre Diener des Vaterlandes sei der, der dieses jede Schandtat begehen und in jedes Verderben marschieren lässt und der keine noch so dumme oder noch so unrechtliche Handlung seiner Regierung je in Frage stellt, kurzum der Unaufgeklärte und Unkritische Handlanger des Bösen. Nichts aber könnte verkehrter sein, und man sollte doch nicht die Bestimmung dessen, was Patriotismus und was wahrer Dienst am Vaterland ist, dessen Unterdrückern und Ausbeutern überlassen! Nein, der wahre Patriot wird eher ein stets scharfer Kritiker seiner Gesellschaft und seiner Regierung sein, als deren höriger und willfähriger Helfershelfer, der stets bereit ist, ihr Tun zu rechtfertigen oder gar mitzutun. Er wird, wenn es notwendig ist, selbst bereit sein, sich als Einzelner gegen Alle und gegen die ganze Staatsgewalt zu stellen, um einem falschen Wege zu steuern, den die Nation eingeschlagen hat, und sie auf den rechten zu bringen.

Das zweite, was es zu bemerken gilt über den Patriotismus, ist dieses: Er ist immer und notwendig ein Kosmopolitismus und man kann so wenig ein guter Staatsbürger sein, ohne ein guter Weltbürger zu sein, wie man umgekehrt ein guter Weltbürger sein kann, ohne ein guter Staatsbürger zu sein. Die Menschenschaft ist eben eine Gemeinschaft, ein großer Organismus, und wenn ein einzelner Teil sich in einem solchen gegen das Ganze stellt und zum Krebsgeschwür wird, so greift er nicht allein das Ganze an, sondern richtet schlussendlich auch sich selbst zugrunde. Wer den Fortschritt der Menschheit insgesamt will, der wird ihn zunächst und vor allem dort zu befördern suchen, wo das Schicksal ihn eben hingestellt hat, der eine in Russland, der andere in Deutschland, der nächste in Uganda oder in Indonesien, jedoch stets mit dem ferneren Ziele, der Fortschritt seiner eigenen Nation, den er befördert, möge sich über alle verbreiten, niemals mit Gleichgültigkeit gegen die anderen oder gar mit Neid und Missgunst oder aber mit dem geheimen Wunsche, der Fortschritt der eigenen Nation – worunter dann nur ein oberflächlicher technologischer und wirtschaftlicher verstanden sein kann, gewiss kein rechtlicher und sittlicher – möge sie zur Unterdrückung der weniger fortschrittlichen befähigen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine schadet gewiss der letzteren, er schadet gewiss der globalen Gemeinschaft, die nun beispielsweise große Ernteausfälle zu verkraften hat, war doch die Ukraine eine ihrer Kornkammern (ein Fehler! jedes Land sollte seine eigene Kornkammer, der Handelsstaat ein geschlossener sein!) – aber dieser Überfall schadet auch Russland: es isoliert sich damit international, macht sich zu einem Gegenstande der Verachtung, lässt Russen im Ausland Opfer rassistischer Ressentiments werden, trieb Finnland und Schweden in die Arme der NATO, zerstört die eigene Wirtschaft und macht die Bevölkerung noch ärmer, hat schon innerhalb weniger Kriegsmonate so viele Soldaten verloren wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht und mehr. Was gut für die anderen ist: der Frieden, das ist auch gut für Russland selbst. Es erscheint mir besonders wichtig, dieses am Patriotismus hervorzuheben, weil der Egoismus, der sich im Nationalismus äußert, stets das Gegenteil predigt: die Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen alle Anderen, das alleinige Verfolgen des eigenen Vorteils, und weil dies, wie jeder Egoismus, der ja immer voraussetzt, dass man ein Ich eigentlich noch gar nicht hat, nicht nur unsittlich und böse, sondern auch dumm und dem eigenen Vorteil keinesweges dienlich ist. Dies zu betonen scheint mehr denn nötig, denn allzu oft lese ich von dem verkrampften Gesocks, das die deutschen Kommentarspalten bevölkert: die Bundesregierung sollte endlich mal wieder Politik im Interesse des eigenen Volkes machen! – worunter diese Elenden verstehen, das ukrainische Volk morden, foltern, vergewaltigen und unterdrücken und seine Städte und Kulturstätten zerbomben zu lassen, dieweil wir unbekümmert russisches Gas kaufen. Aber es kann niemals im Interesse des eigenen Volkes sein, ein anderes töten und knechten zu lassen oder einen Despotismus gewähren zu lassen. Auch wenn man die Moral beiseitelässt, so steht doch fest: eine florierende Ukraine, wirtschaftlich stark, ein guter Handelspartner, dazu frei, sodass dort Bildung und Forschung und Wahrheitssuche möglich ist, sodass sich dort Kultur und Wissenschaft und Technik entfalten und weiterentwickeln und auch wir von den dortigen Errungenschaften profitieren können, nützt Deutschland mehr als ein Trümmerfeld und ein Flüchtlingsstrom. Und andererseits steht ebenso fest: ein expansionistisches Russland, das schon heute seine Trolle ins deutsche Internet entsendet, in Deutschland Propaganda verbreitet und vaterlandsfeindliche Gruppierungen unterstützt und dass seine Nachbarländer überfällt und nach einem Sieg über die Ukraine bald schon den nächsten Krieg beginnen könnte, kann nicht in unserem Sinne sein. Tatsächlich kann kein Staat, in dem Freiheit und Recht herrschen, klugerweise einen anderen neben sich dulden, in dem diese nicht herrschen, ist doch ein solcher kein verlässlicher Partner, mit dem Vertragsschluss möglich wäre, und muss doch vonseiten eines solchen stets mit einem direkten oder einem hinterhältigen Angriff gerechnet werden. Wie es einst im Sinne Großbritanniens war, dass Frankreich nicht unter napoleonischer Knechtschaft verbleibe, wie es später im Sinne Großbritanniens und Frankreichs war, keinen deutschen Untertanenstaat, es sei unter dem Kaiser oder unter dem Führer, neben sich zu haben, wie wiederum die westeuropäischen Staaten, eingeschlossen das westliche Deutschland, nicht in Frieden und Sicherheit und ohne Bangen leben konnten, solange hinter dem Eisernen Vorhang in der DDR und in Polen und Tschechien das Unrecht herrschte, wie wiederum heute gerade Mittel- und Osteuropas Staaten sehr an einer friedlichen und demokratischen Ukraine interessiert sein müssen, so müssen diese Ukraine als Russlands unmittelbarer Nachbar, aber auch wir unbedingt Russlands Befreiung von seinem Despotismus wollen – eine Politik im Sinne des deutschen Volkes ist also jederzeit auch eine im Sinne des ukrainischen und letzten Endes auch des russischen Volkes: und der Patriot muss, um es nochmals zu sagen, Weltbürger sein und kann nicht eher ruhen, als bis alle Sklavenvölker von ihren Ketten befreit sind und von keinem Staat der Erde mehr eine Gefahr für den seinen ausgeht. Man braucht nur daran zu denken, dass Menschen aus dem Nahen Osten oder aus afrikanischen Ländern wie Eritrea oder Äthiopien Russland als Söldner dienen wollen – ohne Zweifel nicht, weil es ihnen solche Freude macht, in den Krieg zu ziehen, oder weil sie derart von der Kremlpropaganda überzeugt sind, sondern weil sie in ihren eigenen Staaten keine Arbeit finden, um sich und ihre Familie zu ernähren –, um zu begreifen, wie eine Nation stets ein Interesse auch am Wohle aller anderen Nationen nehmen muss – in diesem Beispiel ist es die Ukraine, die sich gute Entwicklungshilfe und ein Ende der Ausbeutung Afrikas wünschen bzw. ärgern muss, dass solches nicht schon vor Jahren und Jahrzehnten geschah.

Neben einzelnen medienwirksamen Aktionen wie dem während einer Livesendung hochgehaltenen Schild gab es ab dem Moment des Krieges in verschiedensten Teilen Russlands immer wieder Protest und viele Menschen in Russland, deren Namen uns unbekannt sind und vielfach für immer bleiben werden, aber die darum doch nicht weniger zu ehren sind, sondern eher noch mehr, haben sich lieber der physischen Gefahr ausgesetzt als der moralischen, haben lieber auf ihr Gewissen gehört als auf die Staatsgewalt und lieber Sicherheit und Freiheit riskiert als ihre Menschenwürde. Und sie riskieren nicht wenig: Drei Wochen nach Kriegsbeginn waren bereits um die 15000 Russen für das Verbrechen des friedlichen Protests verhaftet worden. Nach einem neuen Gesetze drohen bis zu fünfzehn Jahre Haft für die Verbreitung von angeblichen Lügen oder Fakenews, worunter es in jener Despotie bereits fällt, wenn man im Zusammenhang mit der Ukraine die Worte „Krieg“ oder „Invasion“ gebraucht, anstatt wie die Staatspropaganda von einer „militärischen Sonderoperation“ zu sprechen: Alexej Gorinow, ein Abgeordneter eines Moskauer Bezirksparlaments, wurde zu sieben Jahren Straflager verurteilt, nachdem er sich in einer Vorstandssitzung gegen einen Zeichenwettbewerb für Kinder ausgesprochen hatte, während im Nachbarland Ukraine Leid und Krieg herrschten: die Verwendung des ersteren Wortes war genug, um ihn, als eine Aufzeichnung der Sitzung im Internet landete, zu verurteilen, weil er „vorsätzlich falsche Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Förderation“ verbreitet habe. Andernorts wurden Demonstranten festgenommen, die, in Anspielung auf die beiden verbotenen Wörter, nur Plakate mit Auslassungs-Sternchen oder der Aufschrift „Zwei Wörter“ hochgehalten hatten.²

Zuletzt sei auch dies noch erwähnt, dass der Widerstand der Russen gegen den Krieg teils über bloße Protestaktionen hinausgeht. Längst finden Sabotageakte statt: Wenigstens 63 Güterzüge sollen in Russland in den vergangenen Monaten entgleist sein, weil etwa Schrauben aus Gleisen gelockert wurden, auch zu einem Sprengstoffanschlag auf einen Zug ist es kürzlich gekommen, zugleich wurden wenigstens zwei Dutzend Anschläge auf Wehrdienstbehörden registriert, auch Polizeidienstellen wurden mehrfach angegriffen. Und dies sind – wie auch immer die Propaganda sie brandmarken mag – keine terroristischen Akte, es ist – nur deshalb verdient es hier, wo es schließlich um Aufgeklärtes geht, das in dieser Welt stattfindet – friedlicher Widerstand; wenigstens betont die Gruppe, die sich zu den Anschlägen auf Züge bzw. Gleise bekannte, nur Sachschäden verursachen und den Krieg behindern, nicht aber Menschenleben gefährden zu wollen.

Gewiss gibt es noch mehr Widerstand, teils auffälliger, teils stiller, teils namhaften, teils durch uns Unbekannte, der nicht an unsere Ohren dringt oder von dem wenigstens ich nichts weiß. Es ist auf der anderen Seite ebenso gewiss, dass nicht alles an dem Widerstand gegen die russische Despotie und ihren Krieg uneingeschränkt aufgeklärt ist, ebenso wenig jeder, der solchen Widerstand leistet: Marina Owsjannikowa und ihre Hofierung durch den Westen seit ihres Protests im Fernsehen werden teils von ukrainischer Seite kritisiert, da sie doch jahrelang in ihrer Tätigkeit den russischen Despotismus mitgetragen habe und jetzt wiederum für die Aufhebung von Sanktionen werbe. Hinter den Sabotageakten auf russische Züge steckt laut eigenem Bekunden eine Organisation, die sich „Kampfgruppe Anarcho-Kommunisten“ nennt, und, wie bei solchen Ideologen üblich, offenbar, statt aufmerksam hinzuschauen und die Dinge als das zu sehen, was sie sind, nur in abgeschmackten und oberflächlichen Klischees denkt und redet: die IRA, deren grünes Buch sie ihren Mitstreitern gleichwohl empfehlen, um zu lernen, wie man sich bei Verhaftungen oder in Verhören verhalten solle, nennen sie „nationalsozialistisch“.³ Aber dieser Widerstand hat doch stets wenigstens einen aufgeklärten Anteil, denn er erfordert ein gewisses Maß an Mut und Selbstständigkeit und kritischem Denken, bedeutet, dass hier das eigene Ich und sein unmittelbarer Vorteil hinten angestellt werden hinter einer größeren und wichtigeren Sache, hinter dem Rechten und Guten. Und es gibt drei Gründe, weshalb ich es für wichtig halte, von diesem Widerstand klar und deutlich und öffentlich zu sprechen:

Zunächst lassen sich hierdurch gewisse Begriffe und Urteile berichtigen. Denen, die, alle Menschen verachtend und beleidigend, die in echten Despotien wie Saudi Arabien, China, dem Iran oder eben Russland in Gefängnissen sitzen, gefoltert und hingerichtet werden oder schlicht spurlos verschwinden, zetern, sie würden hier in Deutschland in ihrer Freiheit und ihrer Meinung unterdrückt, muss man die Frage stellen, warum denn in Deutschland kein solcher Widerstand stattfindet, wenn seine Klima- oder Coronapolitik wirklich die einer totalitären Diktatur sind? Warum hat niemand den deutschen Staatsdienst aus Gewissensgründen quittiert, wie Bondarew es mit dem russischen tat? Warum, so möchte ich von all jenen wissen, die seit einem Jahrzehnt das Schlagwort „Lügenpresse“ grölen und von der Propaganda im öffentlich-rechtlichen Fernsehen schwadronieren, gibt es denn keinen Journalisten, der mit einem Schild in einer Tagesschausendung gegen diese Lügen protestiert hätte und dann dafür verhaftet worden wäre? Die Unterdrückung in Deutschland muss entweder so total sein, dass jeder Widerstand von vorneherein unmöglich ist – aber wie schaffen es dann die Pegidioten und Querdenker und das sonstige Gesocks, von dem ich hier gerade rede, seit Jahren ungeschoren mit ihren Anschuldigen davonzukommen? –, oder die Deutschen, z. B. alle Staatsbeamten und sämtliche Journalisten, müssen derart gehirngewaschen und gleichgeschaltet sein, dass sich hier nicht ein einziger mutiger Selbstdenker findet, der einmal aufbegehrt. Beides scheint mir weniger wahrscheinlich als die dritte Möglichkeit, dass einige verblendete Nazis eben schlichtweg ihren geistigen Dünnpfiff verbreiten. Andererseits ist aber auch Denen zu widersprechen, die den russischen Despoten einen Faschisten nennen, als wäre er ein Hitler oder Stalin und nicht lediglich ganz gemeiner Abschaum, und die Russland für eine faschistische Gesellschaft halten. Faschismus, das steckt schon in seinem Namen, denn er ist ja Bündlertum, ist nicht irgendeine politische Meinung oder Ideologie, die ein Einzelner jederzeit vertreten kann, ohne dass die Menschen um ihn her ihm zustimmen, sondern Faschismus braucht stets die Masse. Zwar können wohl Einzelne oder Minderheiten oder selbst Mehrheiten ihrer Haltung nach faschistisch sein, aber bevor man davon sprechen darf, es herrsche in einem Staat Faschismus oder es sei die dortige Regierung im eigentlichsten Sinne faschistisch, muss doch wirklich die gesamte Bevölkerung vom Faschismus durchdrungen sein und diesen mittragen, sodass es höchstens einzelne, gar nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen gibt wie in Deutschland einst die Weiße Rose. Wo zehntausende protestieren, da herrscht vielleicht eine diktatorische Autokratie oder Oligarchie, niemals aber Faschismus, denn es gehört zu dessen Wesen, dass die Masse hier mitmarschiert und nicht protestiert, nicht einmal eine Teilmasse und Minderheit.

Zum zweiten spricht man mit dem Bericht vom russischen Widerstand gegen den Rassismus gegen das russische Volk. Denn allzu leicht wird heute von einigen jeder einzelne Russe verurteilt für einen Krieg, den doch nicht er begonnen hat und den doch er vielleicht gar nicht will. Ich diskutierte vor einer Weile mit einem Ukrainer, der eiferte, kein einziger Russe werde fortan wieder in der Ukraine willkommen sein, noch die Kinder und Kindeskinder der Invasoren werde man verfluchen. Er ging nicht ein auf meinen Hinweis, dass er, wolle er konsequent sein, dann auch mich verfluchen müsste, als Kindeskind anderer Invasoren der Ukraine nämlich. Solche hasserfüllten Tiraden sind höchstens geeignet, die russische Propaganda zu bestätigen, wonach man in der Ukraine gegen Nazis kämpfe und für das Existenzrecht der dortigen Russen. Aber sie mögen menschlich verständlich sein bei Einem, dessen Land gerade zerbombt wird, wenn sie auch darum nicht weniger gefährlich sind: bereiten sie doch nur den Boden für eine lange Erbfeindschaft wie einst zwischen Deutschland und Frankreich, für wirklich an Kinder und Kindeskinder weitervererbten Hass und damit für die nächsten Konflikte und Kriege. Aber auch Menschen, die nicht aus der Ukraine stammen und denen ein persönlicher Abstand zu den Gräueln des Krieges daher leichter fallen sollte, attackieren heute teils unterschiedslos alle Russen, ja es sind schon Menschen auf der Straße angegangen worden, nur weil sie Russisch sprachen (oder etwas, was andere dafür hielten – ich traue nämlich einem solchen Rassisten nicht zu, beispielsweise Russisch und Ukrainisch zu unterscheiden und somit nicht am Ende versehentlich einen Derer anzugehen, die er zu verteidigen meint, was freilich selbst dann leicht geschehen könnte, könnte er beide Sprachen auseinanderhalten, denn viele Ukrainer, auch das scheinen diese Rassisten nicht zu bedenken, sprechen selber Russisch), ja ich las von einem Russen in Polen, welcher zu jenen gehört, die ihre Pässe aus Protest verbrannt haben, der doch gleichwohl vonseiten der polnischen Bevölkerung Rassismus erfährt. Aber selbst wenn die überwältigende Mehrheit der Russen den Krieg befürworten und unterstützen sollte, so reicht doch der Widerstand eines einzigen Russen hin, um zu zeigen: dass eben nicht alle Russen, einzig durch ihr Russentum, notwendig Befürworter dieses Krieges sind.⁴ Und ist dies einmal verstanden, bleibt nur, was die Aufklärung immer fordert: das aufmerksame Hinschauen und das kritische Urteilen von Einzelfall zu Einzelfall, d. h. man muss bei jedem einzelnen Russen eben erst ermitteln, was seine Haltung zu jenem Kriege ist, und kann seine vermeintliche Meinung nicht schlicht aus dem Umstand ableiten, dass er eben Russe ist. – Doch würde dieser Absatz eher in eine andere Rubrik, nämlich zu den Vorurteilen gehören, und ist mir die nachfolgende Bemerkung noch wichtiger:

Der Widerstand einiger Russen zeigt, dass ein solcher Widerstand eben möglich ist, selbst bei Gefahr des eigenen Lebens oder der eigenen Freiheit, dass man sich nicht fügen muss in das Böse, sondern stets die Wahl hat, diesem entgegenzutreten. Dies sollte zwar keines weiteren Beweises oder Kommentars bedürfen, leider muss es aber doch hervorgehoben werden, da die Menschen ja allzu gerne ihre Wahlfreiheit verleugnen, um damit sich ihrer Verantwortung zu entledigen. Hier in Deutschland, wo die Nazizeit bis heute nicht aufgearbeitet wurde⁵, kann man noch immer viel zu oft hören: unsere Großeltern hätten ja keine Wahl gehabt, Widerstand wäre ja damals nicht möglich gewesen, die Männer hätten damals auch in den Krieg ziehen müssen, jeder wäre Opfer, niemand außer Hitler und einigen Spießgesellen aus seinem engeren Umfeld wäre Täter gewesen. Das ist freilich gelogen. Es gab Widerstand und Protest, ob in der Rosenstraße, ob durch die Weiße Rose, ob anderen, also war er möglich, also wäre er auch denen möglich gewesen, die keinen Widerstand leisteten. Und ebenso ist heute Widerstand in Russland möglich. Weder kann oder darf behauptet werden, die Menschen könnten es nicht besser wissen, wenn sie nichts tun, noch kann oder darf behauptet werden, sie könnten nichts tun. Es ist eben nur die Frage, ob man sich selbst und sein eigenes Wohlbefinden wichtiger nimmt als seine Mitmenschen und das ihre – das kann man tun, dann ist man aber eben ein Egoist und Bösewicht.

Dieser Widerstand einiger wackerer Russen sollte all jene Menschen außerhalb Russlands beschämen, die dessen Tyrannen einfach gewähren lassen, die die Ukraine im Stich lassen und wahlweise keine Waffen liefern oder weiter russisches Gas kaufen wollen und die wieder und wieder von der deutschen Wirtschaft, von Inflation und Armut und Arbeitsplätzen faseln oder das Schreckensszenario eines kalten Winters an die Wand malen. Erst das Beispiel dieses Widerstands durch Russen rückt jene Reden ins rechte Licht: Was für erbärmliche, was für verworfene, was für verachtenswerte Menschen, die, wenn andere ihre Freiheit und Sicherheit und ihr Leben opfern, wenn andere in den Kauf nehmen, für viele Jahre ins Gefängnis geworfen, wenn nicht gar ermordet zu werden, hier im sicheren Deutschland sitzen und nicht einmal ein paar Cent mehr für ihren Sprit bezahlen oder im Winter einmal daheim einen Pullover überziehen wollen!

Zugleich aber ist er eine Schande für all jene Russen, die keinen Widerstand leisten. Denn es bleibt immer wahr: Die meisten Russen halten die Füße still. Was sind in einem Volke von 144,5 Millionen 15000 Verhaftungen? Die große Mehrheit der russischen Bevölkerung spricht sich in Umfragen für ihren Tyrannen und für dessen Krieg aus (Umfragen freilich, die aufgrund der fehlenden Meinungsfreiheit in jenem Staate mit gewisser Vorsicht zu genießen, die aber offenbar doch nicht ganz falsch sind) und es gibt immer die, die alle Propaganda unhinterfragt schlucken und die tatsächlich glauben, die russischen Soldaten wären willkommene Befreier und verübten keine Gräuel. Diese Menschen sind schuldig, tief, tief schuldig, und es sind ihre protestierenden Landsleute, die glühende Kohlen auf ihre Häupter werfen: sie werden sich nicht wie Eichmann herausreden können, sie hätten nicht wissen können, dass, was geschah, böse war, weil es ihnen nicht ein einziger gesagt hätte. Es wurde und wird ihnen gesagt, von ihren eigenen Mitbürgern. Jeder Russe kann wissen, ja jeder Russe weiß im Grunde sehr wohl, dass seine Regierung böse ist – und ist selbst böse, wenn er sie weiter trägt. Und so findet auch in diesem letzten Sinne hier Aufklärung statt: insofern nämlich Aufklärung immer bedeutet, die Menschen schuldig machen, bedeutet, ihnen aufzuzeigen, dass sie in der Verkehrtheit leben und was das Gute und dass dieses möglich ist, ihnen eine Wahl zu eröffnen, ihrer Verkehrtheit die Unschuld zu nehmen – und ihnen also Schuld aufzuladen, wenn sie sich nun dennoch nicht aufklären wollen.

1 Boris Bondarew: Im Interview mit Philippe Reichen, Sylvain Besson und Georges Cabrera für die WELT vom 26.5.2022.

2 Seit nun bald zehn Jahren, seit den Anfängen von AfD und Pegida, ist es beim rechten Pack gang und gäbe, ständig zu betonen, es gäbe keine Meinungsfreiheit in Deutschland, man dürfte dies oder jenes nicht mehr sagen, übrigens wäre Deutschland eine Diktatur, die ihren Bürgern die Freiheit nehme; und wir haben dies seither immer und immer wieder gehört, ob nun der Anlass die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, die Klimakrise oder die Coronapandemie gewesen sein mögen. Es ist typisch für die Verkehrtheit, dass ihr Blick immer ein isolierter ist: was nicht zu ihren falschen Meinungen passt, das wird schlichtweg ausgeblendet, und nur der Wahrheitsliebende und Aufgeklärte kann sich erlauben, ohne Scheuklappen und mit weitem Blick durch die Welt zu gehen und wirklich alles zu sehen, und darin eben erweist sich seine Überzeugung als wahr, dass sie alle Phänomene anschauen und doch bestehen kann, wohingegen die falschen Meinungen es verlangen, dass man bestimmte Phänomene schlicht übergeht. Es ist gerade dieses pegidiotische Gesocks, das jahrelang den russischen Despoten als einen Heros von Meinungsfreiheit und Demokratie hochgehalten hat und dies noch tut. Ich würde doch gerne einmal von ihm eine Erklärung hören, wieso es in Deutschland noch keine 15000 Verhaftungen gegeben hat, auch nach vielen Jahren der Pegida- oder Querdenkerdemonstrationen, warum in Russland die Wörter „Krieg“ und „Invasion“ genügen, um Menschen ins Gefängnis zu bringen – und dies ist nicht westliche Propaganda, sondern ganz offizieller und eingestandener Gesetzesinhalt, denn jede noch so lügenhafte Diktatur kann ja die Verbote und Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die sie verhängt, nicht verschleiern, sondern muss sie offen eingestehen, da ein Verbot nur funktioniert, wenn man den Menschen auch sagt, was sie nicht dürfen – während man in Deutschland ganz offen die Regierung als diktatorisch und faschistisch beschimpfen und sich jedes möglichen Wortes bedienen darf, ohne doch wegen Diffamierung oder Lügen belangt zu werden. Es ist im höchsten Grade absurd, in einem Staate, in dem es kein Gesetz gibt, das das Verbreiten angeblicher Fakenews verbietet, über fehlende Meinungsfreiheit zu klagen und zugleich die Meinungsfreiheit in einem Staate zu preisen, darin es ein solches Gesetz gibt, und ein Mensch, der dies tut, sollte nicht als ein vernünftiger Gesprächspartner, sondern als der Geistesgestörte, der er offenbar ist, behandelt werden. 

3 Das gerade zeichnet Ideologen aus, dass sie nur in den Begriffen ihrer Ideologie denken und urteilen und darob die Komplexität der Welt unmöglich erfassen können. Ihnen ist alles schwarz und weiß und all ihre Gegner sind ihnen eins, schon der simple Gedanke, dass es auf der Welt mehr als nur ein Böses geben könnte – was doch notwendig so ist, denn einförmig und sich immer gleich ist nur das Gute, das Böse aber ist Legion –, überfordert sie. So sind denn für solche Linken alle, die nicht ihrerseits links oder kommunistisch sind, alle die vielleicht irgendeinen Nationalismus vertreten, sogleich Nationalsozialisten oder Faschisten, ja auch der heutigen Rechten, die sich ja stets selbst verleugnet, sind gerne alle Gegner Faschisten, und wir hören dieses Wort heute auch im Ukrainekrieg vielfach gebraucht, wo der russische Präsident lügt, er kämpfe gegen Faschisten, wo aber viele, die ihn hierzulande ablehnen, nicht allein Privatmenschen, sondern öffentlich sprechende Journalisten und vermeintliche Experten, diesen seinerseits einen Faschisten nennen. Es verhält sich bei anderen Ideologien nicht anders. Dem stramm rechten und libertären Amerikaner ist alles, ob links–liberal, ob sozialdemokratisch, ob sozialistisch, ja jedes noch so oberflächliche staatliche Eingreifen Kommunismus, gerne hört man in rechten Verschwörungskreisen auch von kulturellem Marxismus sprechen – nur eine neue Einkleidung des einst schon von den Nazis vertretenen Wahns, wir würden von einem Kulturbolschewismus unterwandert –, und selbst die Feministen, politisch Korrekten und Woken sind ihnen nichts anderes als solche kulturellen Marxisten, obwohl diese doch von Marx kaum weiter entfernt sein könnten. Diese letzteren wiederum hängen an ihrer Verschwörungstheorie vom Patriarchat und wittern überall Sexismus – wenn eine Frau ermordet oder vergewaltigt oder angemacht wird, so ist das für sie stets und notwendig Sexismus, aber sie scheuen sich auch nicht, z. B. die Klimakrise als im Kern sexistisch und vom Patriarchat geschaffen zu beschreiben. Der eifernde Kultist schimpft jeden einen Ungläubigen, der nur nicht seinen verkehrten Glauben teilt, obgleich er doch sehr gläubig, ja vielleicht sogar weit religiöser als er sein könne, ja selbst Fichte bezichtigten die heimlichen Atheisten des Atheismus, weil er im Gegensatz zu ihnen echt religiös war. Die bekennenden Atheisten ihrerseits lehnen jeden vernünftigen Idealismus als unaufgeklärten Aber- und Märchenglauben ab. Und so ließe sich die Reihe fortführen. Man kann freilich tatsächlich alles Böse und Verkehrte auf Erden in einer gemeinsamen Kategorie zusammenfassen: eben als böse und verkehrt und unaufgeklärt. Doch darüber hinaus darf man es nicht alles gleichsetzen, ganz so als gäbe es nur eine einzige böse Ideologie zu bekämpfen, die an allem Übel der Menschheit die Schuld trage, man ist durchaus gehalten, differenzierter hinzuschauen: Und dies vermag stets nur der, der unideologisch schaut.

4 Und erst dies erlaubt ja, Jene zu verurteilen, die es doch sind. Der undifferenzierte Hass auf alle Russen ist nicht nur sachlich falsch und moralisch verkehrt, er ist nicht nur rassistisch – sondern er entschuldigt auch die Schuldigen. Denn, so hat es Arendt richtig beim Holocaust und Thunberg richtig beim Ökozid gesehen: Wo immer alle schuldig sind, ist es keiner, und Jeden unterschiedslos für schuldig zu erklären, verschleiert, dass die wahren Schuldigen, sie mögen auch viele oder gar eine Mehrheit sein, doch immer einzelne, konkrete Individuen bleiben, Leute mit Namen, die man benennen, auf die man zeigen: und die man eben anklagen kann.

5 Viele werden hier lauthals widersprechen und behaupten, wir hätten doch die Verbrechen unserer Vergangenheit besser aufgearbeitet als sonst jemand. Nun, es ist wahr, dass den Deutschen die Tatsache und die Verwerflichkeit des Holocausts derart eingehämmert wurde, dass sie ihn nicht leugnen oder kleinreden, wie es Briten oder Franzosen mit ihren Kolonialreichen, Türken mit dem Völkermord an den Armeniern, Australier mit dem Landraub und Völkermord an den Aborigines und überhaupt beinahe alle Völker mit ihren jeweiligen Schandtaten tun mögen. (So halten wir es in der Tat nur mit dem Holocaust, sobald es um unsere anderen Untaten, etwa um unsere eigenen kolonialen Verbrechen geht, haben wir auch in diesem ersten Schritte den anderen wenig voraus.) Aber auch wir Deutschen geben ungern unsere Verbrechen als unsere zu, wir tun allzu gerne, als wären es die Verbrechen einer schurkischen Clique gewesen, die sich – man weiß nicht wie – des deutschen Staates bemächtigt und alle gewöhnlichen Menschen – versteht sich, unsere Großeltern! – in Geiselhaft genommen hätte.