Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Aber sie ist auch der Eingang des Menschen in seine selbstverantwortete Mündigkeit. Von der Unmündigkeit, d. i. von der fremden Leitung, von der der Mensch sich freimachen soll, habe ich in den vergangenen Vorträgen dieser Serie ausgiebig (wenn auch keineswegs erschöpfend) gesprochen. Doch wer sich von fremder Leitung freimacht, der leitet sich deshalb noch nicht zwangsläufig selbst, er kann auch gänzlich ohne jede Leitung und damit orientierungslos sein. Auf die negative Aufklärung, auf das Abwerfen der Ketten, die den Menschen bisher am Laufen hinderten, soll daher die positive Aufklärung, soll das Gehenlernen folgen. Wir aber haben verhängnisvollerweise Aufklärung schlechthin mit negativer Aufklärung gleichgesetzt. Und negative Aufklärung, wenn es bei ihr bleibt und ihr keine positive Aufklärung folgt, kann gefährlicher sein als alle Unmündigkeit.

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Die gründlichste und beste Analyse eines negativ aufgeklärten und insbesondere ausgeklärten Zeitalters ist: Johann Gottlieb Fichte: Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters.

Die Verlorenheit, in die die negative Aufklärung Viele stürzt, ist unter anderem Thema in: Johann Wolfgang Goethe: Die Leiden des jungen Werther.

Mit dem Nihilismus in Folge der negativen Aufklärung setzt sich unter anderem auseinander: Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Verbrechen und Strafe.

Ein Beispiel für den Libertinismus der negativen Aufklärung ist: Donatien Alphonse François, Comte de Sade: Die Philosophie im Boudoir oder Die lasterhaften Lehrmeister.

Studien ausgeklärter Menschen sind: Johann Gottlieb Fichte: Friedrich Nicolai’s Leben und sonderbare Meinungen & Friedrich Wilhelm Nietzsche: David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller.

Ein Zeugnis freigeistiger Gesinnung ist: Friedrich Wilhelm Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches.