Die SPD als eigentliche konservative Partei steckt noch im vorletzten Jahrhundert und hat auf immer jede Chance verpasst, es selbst zu verlassen, wird also schlicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, in dem Maße, da die Bürger dieses Jahrhundert endlich hinter sich lassen.

Die Union ist eine Honoratiorenpartei, ein Wahlverein, der dafür da ist, seine führenden Mitglieder an die Spitze zu hieven und Macht zu erlangen, entsprechend flexibel und stetig wandlungsfähig und undogmatisch, nur für die Wähler ist ein bisschen konservativer Anstrich in eigentlich bedeutungslosen Fragen wie der Homosexualität dabei, geht man hie und da ein paar Schritte hinter dem Rest hinterher, um sich vor den ganz Blinden, Anhängern wie Gegnern, als Traditionswahrer gerieren zu können.

Bei den Grünen ist der Anstrich eben grün, aber auch nicht mehr als dies. Nur sind sie kein Wahlverein, der hauptsächlich zur Machterlangung da ist; wären sie’s, so wären sie wenigstens bisher ein ziemlich schlechter gewesen. Bei ihnen geht es einesteils um ein bieder-bürgerliches Lebensgefühl und um den Erhalt eben dieser anständigen Kleinbürgerlichkeit, nicht aber zwingend um persönliche Machtausübung, in welchem Sinne sie also konservativer sind als die Union; dass hier eigene Gewissensberuhigung zugehört, ist Teil davon, im Ganzen aber nebensächlich. Andererseits repräsentieren die Grünen einen Wunsch nach Wandel, nach tieferer Veränderung, nach mehr Bürgernähe oder mehr Lebensachtung. Sie waren daher bisher immer dann stark in Umfragen, wenn ein solcher Wunsch stark war, so zur Zeit Stuttgart 21s, so zur Zeit Fridays for Futures. Doch stehen sie, auch wenn vielen ihrer Anhänger das nicht klar ist – aber die Anhänger einer Partei hat man über deren wahren Sinn immer als letzte zu befragen; sie könnten nicht Anhänger sein, wäre ihre erste Eigenschaft nicht die Blindheit – immer nur für diesen Wunsch, nicht für die Sache selbst. Deshalb hat die Unzufriedenheit mit der althergebrachten Politik und die Sehnsucht nach Besserem ihnen bisher noch jedes Mal gute Umfrageergebnisse beschert, deshalb aber hat dies nie lange gehalten, denn die Sehnsucht wirklich befriedigen und den Menschen geben, was sie suchen, wann immer sie sich von Union und SPD ab- und den Grünen zuwenden, das können sie nicht. Dieses Zweite ist auch die große Gefahr der Grünen, wenn sie es doch einmal zu Macht bringen: Die Union sucht Macht um der Macht willen und kann sich in alle Richtungen eben deshalb verbiegen, ihr nimmt man den Opportunismus nicht übel, man wählt sie vielmehr, weil man selbst opportunistisch ist. Aber eine zweite opportunistische Partei braucht es nicht, Opportunisten, da sie nichts sind und alles sein können, unterscheiden sich ja eben darum nicht. Die Grünen müssten also, wenn sie endlich in die Lage geraten, ihre vagen Versprechen einzulösen, die Sehnsüchte der Menschen doch erfüllen, was ihnen schwerlich zuzutrauen ist, oder wahrscheinlich aufhören, derselben Projektionsfläche zu werden. – Dann könnte sich eine neue Partei finden, die diese Rolle übernähme (sehr kurz haben es einmal die Piraten schon versucht, heute versuchen es viele zugleich, aber zu viele und bei noch zu geringer allgemeiner Enttäuschung mit den Grünen, als dass irgendeine Klimaliste oder DiB oder Volt oder wie sie alle heißen Erfolg haben könnte), während für die Grünen sich dann die Frage stellte, ob biedere Spießbürger, die sich ruhigen Gewissens ihre Bequemlichkeit erhalten wollen, allein eine ausreichende Basis für den dauerhaften Machterhalt schaffen können. (Man bedenke, dass es bisher, allen Lügen über die SPD zum Trotze, nur eine Volkspartei gab, und es ist nicht abzusehen, wofür es zwei brauchen sollte, wo doch alles, was Volk ist, eben weil es Volk ist, immer an ein und denselben Ort strebt.)

Die übrigen drei Parteien, als politische Furunkel, als eigentlich apolitische Grüppchen, weder zukunfts- noch mehrheits- noch machtfähig, sind bedeutungslos und brauchen nicht erörtert zu werden.