Einer der größten Deutschen und größten Juden des letzten Jahrhunderts – ich spreche, selbstredend, von Kurt Tucholsky – hat einmal geschrieben: „Wäre die Deutschnationale Partei nicht so hirnlos dumm, antisemitisch zu sein, so würde sich ihr ein großer Teil der von Natur aus konservativen Judenschaft zuwenden; ja, ich kenne sogar Fälle von Juden, die so ehrvergessen sind, deutschnational zu wählen.“¹

Die Nazis waren die Bösen: das weiß man, darin herrscht Einigkeit, das bekennen sogar die Rechten und glauben in ihrer Mehrzahl wahrscheinlich tatsächlich daran, das zu glauben. Und die Juden demnach waren ihre Opfer und also, denn so ist das mit Opfern, nicht böse, sondern hilflos, unschuldig und ohne Fehl. Aber so simpel war es nie und ist es auch heute nicht.

Zunächst einmal sollte klar sein, dass auch Juden, wie alle anderen Völker, zum Rassismus fähig sind. Ich muss hier an Maus denken, den Comic des amerikanischen Juden Art Spiegelman, der darin die Geschichte seiner Eltern nacherzählt, die den Holocaust überlebten. In einer Szene nehmen er und seine Frau einen schwarzen Anhalter mit, während auch sein Vater im Auto sitzt. Dieser ruft sogleich aus: „A hitch-hiker? And – oy – it’s a colored guy, a shvartser! Push quick on the gas!“² Er fährt fort, sich während der Fahrt zornig auf Polnisch auszulassen, er könne es nicht glauben, ein Schwarzer hier im Auto, die Frau seines Sohnes sei wohl verrückt geworden. Und kaum hat der Anhalter sich verabschiedet, da schimpft er sie an: „What happened on you, Françoise? You went crazy, or what?! I had the whole time to watch out that this shvartser doesn’t steal us the groceries from the back seat!“ „What?!“, entfährt es der so Zurechtgewiesenen: „This is outrageous! How can you, of all people, be such a racist! You talk about blacks the way the Nazis talked about the jews!“ „Ach! …“, heißt es darauf nur, „I thoght really you are more smart than this, Françoise… It’s not even to compare. The shvartsers and the jews!“³ Dies ist keineswegs ein Einzelfall, man denke nur an die Behandlung der Beta Israel, der äthiopischen Juden, in Israel.

Gut, mag es hier heißen, freilich könnten Juden rassistisch sein. Aber ein Nazi, das ist doch noch einmal etwas anderes. Mag sein, aber auch diese gab es schon unter den Juden, so absurd dies klingt. Tucholsky sprach die Wahrheit: Viele Juden waren konservativ, viele waren rechts in der Zeit des Kaiserreichs und von Weimar, ja viele betrachteten sich als Deutsche und nicht selten auch als Patrioten, manch ein Jude war stolz, im Ersten Weltkrieg für sein Vaterland gekämpft zu haben. Es gab genügend, die deutschnational dachten. Und wirklich hätten viele von ihnen sicherlich die rechtsextremen Parteien unterstützt, derer es ja zahllose gab, wenn diese nicht judenfeindlich gewesen wären.

Ja, hätten, aber sie haben nicht, höre ich sagen, denn diese Parteien waren nun einmal judenfeindlich. Wohl, aber es gab auch judenfeindliche Juden. Die verwarfen dann gern alles Jüdische als minderwertig und schlossen sich ganz den Schimpfreden der Antisemiten an. Nur meinten sie, die Juden könnten sich vollständig assimilieren, könnten ganz in den Deutschen aufgehen, könnten alles Jüdische ablegen und vollends zu Deutschen werden. Es versteht sich, dass sie von sich selbst meinten, diesen Prozess bereits hinter sich zu haben. Gewöhnlich schieden sie zwischen den germanisierten, oftmals auch längst getauften oder säkularen, deutschen und den oft orthodoxen Ostjuden, die sie ablehnten und von denen sie meinten, durch diese gerieten die Juden nur in Verruf. Sie waren mit ihrer Haltung nicht allein: Auch viele judenfeindliche Deutsche konnten einen angepassten deutschen Juden, dem man seine Herkunft nicht mehr anmerkte, durchaus akzeptieren; auch wenn sie von „den Juden“ fabulierten, so dachten sie doch oft genug vor allem an die Ostjuden, und diese waren es, die vor allem von den antijüdischen Vorurteilen und Klischees getroffen wurden. Ich möchte hier die beiden wohl prominentesten Vertreter dieser Nazijuden nennen: Einmal war da Max Neumann, ein Rechtsanwalt und Publizist, Mitglied der Deutschen Volkspartei, der 1921 den Verband nationaldeutscher Juden gründete. Die Neumann-Juden, wie sie vielfach genannt wurden, trennten scharf zwischen Deutsch- und Fremd-Juden und waren der Meinung, die Juden erführen nur deshalb Rassismus, weil sie ihre Andersartigkeit derart zur Schau stellten, sie sollten diese vielmehr aufgeben und ganz Deutsche werden, dann würde auch der Rassismus schwinden (Gleiches meinen auch heute viele von den Mohammedanern; es ist heute gleicherweise falsch, wie es das damals war). Neumann begrüßte zunächst den Aufstieg Hitlers, wie viele Nicht-Juden sah auch er in ihm eine Kraft, die das Chaos der Weimarer Zeit beenden und Deutschland zu neuer Größe und Einheit führen konnte, während er seine antisemitische Rhetorik als nebensächlich unterschätzte, wenn er auch die Misshandlungen und Verfolgungen von Juden nicht ignorierte, als die Nazis an die Macht kamen. Den Nazis vielleicht noch näher stand der junge Religionshistoriker Hans-Joachim Schoeps, der 1933 kurz nach ihrer Machtübernahme den Verein Der deutsche Vortrupp. Gefolgschaft deutscher Juden gründete, dem vor allem akademische jüdische Jugendliche angehörten. Auch Schoeps glaubte, dass Hitler und die Nazis die Rettung Deutschlands wären, und wollte deutschnationale Juden wie sich und die seinen von den übrigen abgegrenzt und in den Führerstaat integriert haben. Neumann und Schoeps müssen beide von einer ganz enormen Naivität gewesen sein, mit der sie aber keineswegs Ausnahmen waren, schon gar nicht in ihrem Stande, dem der Akademiker, sondern die schon immer sehr verbreitet war und auch heute noch sehr verbreitet ist unter allen, die vor lauter Klugheit und vor lauter leeren Begriffen in ihren Köpfen zu aller Anschauung unfähig sind. Die Nazis übrigens hatten wenig übrig für diese Anbiederungsversuche, im Gegenteil, sie passten gar nicht in ihr Konzept und so wurden der Verband nationaldeutscher Juden und der deutsche Vortrupp 1935 verboten. Neumann starb 1939. Schoeps setzte sich nach Schweden ab, seine Eltern starben im Holocaust. Er kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück und blieb zeit seines Lebens Nationalist und Monarchist. (Später promoviert das damalige Haupt des Hohenzollern-Clans⁴ bei Schoeps: ein angemaßter Titel⁵ reichte dem Mann wohl nicht, er musste sich auch noch einen Doktor erschwindeln – ganz recht, das Plagiat bzw. dessen Auffliegen und die darauffolgende Aberkennung des Doktorgrades ist nicht erst eine Erfindung dieses Jahrzehnts, genauso ist es aber nicht nur eine Eigenheit unseres Jahrzehnts, das zwar der Täuscher seinen Titel verliert, die Sache für den mindestens schlampigen Prüfer aber folgenlos bleibt.)

Nun mag noch jemand sagen: Juden können also nicht nur Rassisten, sie können waschechte Nazis und sogar dämlich genug sein, zu glauben, als solche akzeptiert zu werden; die Nazis selbst aber haben immer alle Juden rundheraus abgelehnt. Weit gefehlt! Himmler klagte in seiner berühmten Posener Rede: „‚Das jüdische Volk wird ausgerottet‘, sagt ein jeder Parteigenosse, ‚ganz klar, steht in unserem Programm, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir.‘ Und dann kommen sie alle an, die braven 80 Millionen Deutschen, und jeder hat seinen anständigen Juden. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Jude.“⁶ Und vielleicht war selbst Hitler einer dieser braven 80 Millionen Deutschen: „Hitler himself is said to have known three hundred and forty ‘first-rate Jews,‘ whom he had either altogether assimilated to the status of Germans or granted the privileges of half-Jews. Thousands of half-Jews had been exempted from all restrictions, which might explain Heydrich’s role in the S.S. and Generalfeldmarschall Erhard Milch’s role in Göring’s Air Force, for it was generally known that Heydrich and Milch were half-Jews.“⁷ (Dass Heydrichs Vater Jude gewesen sei, war wohl nur ein verbreitetes Gerücht. Aber dies wurde erst lange nach Kriegsende nachgewiesen; wenn Heydrichs Nazi-Spießgesellen ihn für einen Halbjuden hielten, so kommt das im Ergebnis auf dasselbe hinaus, als wäre er wirklich einer gewesen, und nur dieses Ergebnis ist hier wichtig.) Damit ist freilich nicht gesagt, dass es nicht auch den Juden, für die zunächst Ausnahmen gemacht wurden, früher oder später an den Kragen gegangen wäre. Aber es liegt in der Natur eines totalitären Regimes, dass es ohnehin jedem früher oder später an den Kragen gehen kann. Sicherheit herrscht für den Menschen nur im Rechtsstaat.

Juden können also nicht nur Rassisten, sie können ideologisch Nazis sein, sie können mitunter selbst von den Nazis anerkannt, verschont und integriert werden. Das scheint zunächst allerdings mehr ein historisches Kuriosum. Warum ist es wichtig, das Vorurteil abzulegen, ein Jude könnte kein Nazi sein?

Zunächst weil ein jüdischer Nazi, versteht sich, etwas ganz Hanebüchenes und Unsinniges ist. Dass es sie doch geben kann, ist gut geeignet, eines der hervorstechendsten Merkmale der Unaufgeklärtheit einzusehen: Unaufgeklärte sind inkonsequent und voller Widersprüche, lauter Einheit ist nur der Aufgeklärte. Dass etwas keinen Sinn ergebe, ist daher nie ein Argument gegen seine Existenz, solange man sich unter Unaufgeklärten bewegt. Nichts ist schwachsinnig genug, um nicht doch da zu sein.

Sodann kann man, macht man sich von diesem Vorurteile frei, sich freimachen von dem Glauben, Unterdrückung und Verfolgung veredele in irgendeiner Form ihre Opfer. Diese sind oft nicht besser als ihre Unterdrücker und Verfolger, sie haben nur das Pech, am kürzeren Hebel zu sitzen. Selbst ein Holocaustüberlebender wie Art Spiegelmans Vater kann ein Rassist sein, ohne zu merken, dass er einer ist, und wird – die Unaufgeklärten sind um Ausreden und Selbstbetrug nie verlegen; vielmehr sind solche, worauf sie fast all ihre geistigen Kräfte anwenden, weshalb es nicht verwundern darf, wenn sie zum eigentlichen Denken keine mehr übrig haben – und wird, sage ich, stets irgendeine Erklärung parat haben, weshalb sein Rassismus ganz etwas Anderes sei als der, dessen Opfer er war. Es versteht sich, dass, was ich hier sage, nicht nur für Juden gilt, sondern für alle möglichen Gruppen. Als Neuköllner kenne ich den Rassismus derer, die selbst Opfer von Rassismus sind, nur zu gut: Dass „die Moslems“ oder „die Flüchtlinge“ oder „die Ausländer“ alle zusammenhalten und gemeinsam am Untergang Deutschlands arbeiten, können höchstens irgendwelche Pegidioten glauben, die nicht wissen, wie es in der Welt zugeht.⁸ In Wirklichkeit zoffen sich die Sunniten mit den Schiiten und können die Aleviten erst recht nicht leiden. Die Mutter eines serbischen Schülers und Freundes von mir fürchtete, dass ihm unterwegs Araber die Monatskarte klauen könnten, und suchte seine jüngere Schwester auf einer evangelischen Schule unterzubringen, weil dort nicht so viele Ausländer seien. Derweil wettern die türkischen Eltern eines anderen Freundes und Schülers über Flüchtlinge und warnen die Frauen ihrer Familie davor, an einem von deren Heimen vorbeizugehen (ihnen hat wohl niemand gesteckt, dass Flüchtlinge nur blonde Frauen vergewaltigen) – in der Tat ist gerade der Rassismus gegen Flüchtlinge unter den schon länger hier lebenden Türken oder auch Arabern sehr verbreitet. Es gibt zwei Zirkel, in denen man gerne alles in zwei klar umgrenzte Gruppen einteilen würde: Den Zirkel der Pegidioten und den der politisch Korrekten, die sich hierin gleichen. Für die politisch Korrekten gibt es hier den Täter, den alten weißen Mann, dort, als gleichsam geschlossene Gruppe, gibt es dann die LGBT⁹-Menschen oder die People of Color¹⁰, ganz so wie es für den gemeinen Rechten eben die aufrechten und anständigen Deutschen und auf der anderen Seite die Ausländer gibt. Mit einer komplexeren Welt kommen beide nicht zurecht. Der aber, der sich aufklären will, kann, wenn er die Nazijuden kennengelernt hat, dies nutzen, um seinen Blick auszubilden, um künftig Individuen anzuschauen, statt künstliche Gruppen. Er wird nicht mehr zwischen bösen Tätern und noblen Opfern unterscheiden, als gäbe es Nichts mehr, sondern wird eher die Vielschichtigkeit der Wirklichkeit anerkennen können.

Diese beiden Lehren kann man für seine Aufklärung im Allgemeinen mitnehmen. Es lassen sich auch noch konkretere Lehren ziehen:

Einmal lässt sich hieraus ersehen, dass Juden und, versteht sich, andere unterdrückte Gruppen, nicht von vorneherein von allen Vorwürfen des Rassismus und der Unterdrückung freigesprochen werden können. Wenn heute einer Israel beispielsweise als rassistisch bezeichnete, wenn er es selbst, wie ja teilweise geschieht, mit dem Apartheidsregime oder gar dem der Nazis gleichsetzte, so mag man dem noch immer widersprechen, man mag es meinethalben sogar noch immer geschmacklos finden. Aber man wird sich schon etwas mehr Mühe geben müssen, als nur empört aufzuschreien, das sei unerhört, das sei Antisemitismus! Juden sind mitnichten eine eigene Rasse, die grundverschieden von allen anderen Menschen wäre, sie sind daher nicht von vorneherein von allen Fehlern dieser anderen Menschen freizusprechen. Es gibt keinen Grund, weshalb es Israel notwendig unmöglich sein sollte, eine rassistische Politik zu betreiben. Vielmehr sind Staaten, die wie Israel oder auch Liberia bei der Frage nach der Staatsangehörigkeit die rassische Abstammung bedenken, aller Kritik derer würdig, die an die Gleichheit der Menschen glauben.

Zum anderen schließlich lassen sich nun die immergleichen Ausflüchte der Rechten abschmettern, wonach sie ja gar nicht rassistisch seien. Wer hätte nicht schon einmal von einem Rassisten, nachdem er ihm seinen Rassismus vorwarf, gehört: „Nein, das kann nicht sein, ich komme mit meinem türkischen Nachbarn prima aus!“ – Ja, und von achtzig Millionen Deutschen hatte jeder seinen prima Juden. Und wenn es gar heißt, dieser türkische Nachbar finde selbst auch nicht gut, dass wir so viele Flüchtlinge aufnehmen… – ja, Neumann und Schoeps fanden auch nicht gut, dass so viele Ostjuden nach Deutschland strömten. Die Rassisten sind eben nicht konsequent in ihrem Rassismus. Das beweist nur dass sie unaufgeklärt, nicht dass sie keine Rassisten sind. Und die Rassisten finden eben auch unter denen, die sie in ihrer Gesamtheit ablehnen, von Einzelnen Zustimmung. Das beweist nur, dass nicht nur die Herzen, sondern auch die Köpfe dieser Einzelnen einen Fehler haben. Es ist bekannt, dass schon ein Türke bei Pegida sprach und gegen den Islam hetzte. Es ist bekannt, dass es die Gruppen der Homosexuellen oder der Juden in der AfD gibt. Es gab auch einen AfDler, der zum Mohammedanismus konvertiert ist. Auch einen Schwarzen in der AfD gab es schon und ich war nicht überrascht, als ich eine AfD-Aussteigerin erzählen hörte, den hätten sie ganz besonders hofiert und gut zu behandeln versucht: Freilich, solche Einzelne nimmt man mit Kusshand, sie eignen sich wunderbar als Aushängeschild und Feigenblatt (welches Adam und Eva indes noch vorn trugen, nicht hinten, wo der braune Dreck rauskommt): Wir können nicht ausländerfeindlich sein, kann Pegida rufen, bei uns hat ein Türke geredet! Wir können nichts gegen Homosexuelle haben, kann die AfD behaupten, bei uns gibt es Homosexuelle, ja unsere Vorsitzende ist sogar lesbisch! Kürzlich las ich, wie ein bekannter jüdischer Autor und Hassprediger einer Einladung der AfD gefolgt sei, vor Vertretern derselben gesprochen und, statt diese groß zu kritisieren, lieber jene angegriffen habe, die ernsthaft für etwas kämpfen, was es für diesen Menschen nicht gibt: für das Gute. In den Kommentaren unter dem entsprechenden Artikel feixte gleich Einer: Großartig! und weil der Mann ja Jude sei, könne auch niemand ihm vorwerfen, ein Nazi zu sein! Ich konnte da nur lachen: Was dieser bestimmte Jude ist, das weiß nun wahrlich die ganze Nation.

1 Ignaz Wrobel (Kurt Tucholsky: Hepphepp hurra!) 

2 „Ein Anhalter? Und – oj – es ist ein Farbiger, ein Neger! Tret schnell auf dem Gas!“ (Władysław Spiegelman (Art Spiegelman: Maus. Teil 2. Kapitel 3.))

3 „Was ist mit dir los, Françoise? Du bist meschugge geworden, oder was?! Die ganze Zeit hab ich gemusst aufpassen, dass der Neger nicht klaut von uns die Lebensmittel auf dem Rücksitz!“ „Was?! Das ist doch ungeheuerlich! Wie kannst ausgerechnet du so ein Rassist sein? Du redest über Schwarze wie die Nazis über die Juden!“ „Ach! …Ich habe gedacht, wirklich, du bist mehr intelligent wie das, Françoise… Noch nicht einmal zu vergleichen sind die Neger und die Juden.“ (Władysław Spiegelman & Françoise Mouly (Ebd.))

4 Im Vorbeigehen: Warum eigentlich bezeichnet man irgendwelche arabischen Familien, die angeblich Berlin oder andere Städte unsicher machen, größtenteils aber Talkshow- und Schlagzeilen-Schreckgespenster sind, als Clans, was so schön bedrohlich und mafiös klingt, irgendwelche angeblichen Adelsfamilien – ich sage angeblich, denn an ihnen ist nichts edel und es gibt in Deutschland keinen Adel – aber als Häuser, was freilich einen ganz anderen Klang hat? Das Haus Rammo, das Haus Miri, der Hohenzollern-Clan, der Welfen-Clan, das wirkt doch gleich ganz anders!

5 Er nannte sich Prinz von Preußen, obwohl es so etwas wie Prinzen oder ein Preußen in Deutschland nicht gibt. 

6 Heinrich Luitpold Himmler: Posener Rede vom 4.10.1943.

7 „Hitler selbst soll 340 ‚prima Juden‘ gekannt haben, die er entweder ganz zu Deutschen ernannt oder mit den Privilegien von Halbjuden ausgestattet hat. Tausende von Halbjuden waren von allen Einschränkungen befreit, was Heydrichs Rolle in der SS, Generalfeldmarschall Erhard Milchs Rolle in Görings Luftwaffe und Robert Leys Rolle in der Arbeitsfront erklären mag, denn es war allgemein bekannt, daß Heydrich und Milch Halbjuden waren und daß auch mit Leys Ahnenpaß nicht alles in Ordnung war, ja daß sogar jüdische Spuren in der Verwandtschaft Himmlers – vermutlich was damals jüdisch versippt hieß – zu entdecken waren (J. C. Fest). (Gerüchten zufolge soll auch Hans Frank, der Generalgouverneur von Polen, jüdischer Abstammung gewesen sein.) Hitler selbst hat sich offenbar über die Vorteile dieser Ausnahmen recht unverblümt im internen Kreis geäußert. Anläßlich Heydrichs empfahl er, diesen ‚hochbegabten, aber auch sehr gefährlichen Mann… der Bewegung [zu] erhalten‘, gerade weil man ‚solche Leute‘ ihrer nichtarischen Abstammung wegen ganz in der Hand habe; diesem Zweck dienten spezielle Personalkarteien, die sich Bormann, aber auch Himmler und Heydrich anlegten.“ (Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem. VII. [Man wundere sich nicht über die sehr freie Übersetzung, die Mehr enthält, als im Originale gesagt ist; ich übersetzte nicht selber, sondern zitiere die deutsche Ausgabe, für die Arendt selbst verantwortlich ist und die verschiedene Ergänzungen und Änderungen enthält.]) – Es muss freilich betont werden, dass ein Jude im Sinne der Nazis nicht dasselbe sein muss, was heute in unserem Sinne ein Jude ist. Man hat sich unter Hitlers 340 „prima Juden“ folglich nicht notwendig Menschen vorzustellen, die irgendjemand heute für Juden halten würde: unter diese Zahl könnte beispielsweise jemand wie Hitlers früher Wegbegleiter und Chauffeur Emil Maurice fallen, den Himmler seiner jüdischen Herkunft wegen aus der SS entlassen wollte – die Mitgliedschaft in dieser Verbrecherbande bedurfte gewöhnlich eines bis 1750 zurückreichenden Ariernachweises –, für den aber Hitler eine Ausnahme erzwang: „jüdische Herkunft“ meint hier, dass einer seiner vier Urgroßväter Jude war. Aber es gehören unter solche „prima Juden“ auch richtige oder wenigstens Halbjuden wie beispielsweise der Luftwaffengeneral Helmuth Wilberg.

8 Es ist Teil des Rassismus und eine ganz eigene Form von Entmenschlichung, dass den Mohammedanern gewöhnlich alle menschlichen Eigenschaften abgesprochen werden: Es gibt unter ihnen keinen Streit, gibt auch keine Heuchler oder solche, die es lax nehmen mit dem Kultus, sie haben niemals psychische Probleme, sie sind alle ganz gerissene Lügner, von denen keiner sich je verplappert usw., kurz, sie sind ein Kollektiv perfekter Islamistenroboter – also, mag eine böse Zunge unschuldig schließen, doch offenbar die eigentliche Herrenrasse…

9 Lesbian, Gay, Bisexual, Transexual (Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell).

10 Farbige Menschen.