Jeder Philosoph ist einmal für sich, sodann für Andere Philosoph: dieser Doppelheit der Beziehungen kann er gar nicht ausweichen. Selbst wenn er sich streng von seinen Mitmenschen absonderte, so müsste doch eben diese Absonderung ein Gesetz seiner Philosophie sein; sie würde zur öffentlichen Lehre, zum sichtbaren Beispiel. Das eigenthümlichste Product eines Philosophen ist sein Leben, es ist sein Kunstwerk und als solches eben sowohl dem, welcher es schuf, wie den andern Menschen zugekehrt. Der Staat, die Gesellschaft, die Religion, ja Ackerbau und Gartenkunst — alle können fragen: was ist mir dieser Philosoph? Was kann er uns geben, was nützen, was schaden?

 

Friedrich Wilhelm Nietzsche: Nachgelassene Fragmente 1874 34[37]